8. September 2016

Teufelstritt - Ursula Hahnenberg

Produktinfos:

Ausgabe: 2016 bei Goldmann
Seiten: 319
Buchhandel.de
* * * * *
Die Autorin:

Ursula Hahnenberg, Jahrgang 1974, studierte zunächst Forstwissenschaften, ehe sie sich dem Schreiben widmete. Sie arbeitet heute als Lektorin und Autorin, der nächste Kriminalfall um die Försterin Julia Sommer ist bereits in Planung.

Inhalt:

Julia Sommer erhofft sich mit ihrem Berufsantritt als neue Försterin im Ebersberger Forst bei München einen Neuanfang. Es ist der Wald, den auch schon ihr Vater betreute, in dessen Fußstapfen sie nun treten will. Mit ihr leben hier ihr sechsjähriger Sohn Florian und ihre Großmutter, die sie nach dem frühen Unfalltod ihrer Eltern großgezogen hat. Doch Julias Chef Ludwig Voss entpuppt sich als schmieriger Macho, der sie belästigt.

Einen Tag nach einem besonders unangenehmen Zwischenfall hört Julia während der Jagd Schüsse im Wald - und findet die Leiche von Ludwig Voss. Schon bald gehen im Dorf Gerüchte um, dass sie die Mörderin sei. Auch für die Polizei gerät sie mehr und mehr in den Fokus, da sie Motiv und Gelegenheit hatte.

Je weiter die Ermittlungen voranschreiten, desto feindseliger reagieren die Dorfbewohner. Julia stellt auf eigene Faust Nachforschungen an und stößt dabei auf dunkle Geheimnisse der Vergangenheit, die schließlich auch den Tod ihrer eigenen Eltern betreffen ...

Bewertung:

Im fiktiven bayerischen Ort Grafenried bei München siedelt Ursula Hahnentritt ihr Romandebüt um die Försterin Julia Sommer an, für die bereits weitere Bände in Planung sind.

Der Kriminalfall vermischt sich nach und nach mit Julias dramatischer Familiengeschichte. Sie erfährt, dass Ludwig Voss mehr über den Tod ihrer Eltern wusste und dass auch andere Dorfbewohner darüber schweigen. Julia spürt die Abneigung der Grafenrieder, ihre einzige Freundin ist die stille Mesnerin Teresa, was sich nach dem Mord an Voss noch verstärkt. Es gibt eine Handvoll Verdächtiger, etwa Ludwig Voss' junge Geliebte und ihr zwielichtiger Begleiter, auch der Pfarrer, Voss' bester Freund, verhält sich auffällig, indem er Julia seinen Hass ihr gegenüber deutlich demonstriert. Die dörfliche Gemeinschaft, die über Jahrzehnte hinweg Geheimnisse bewahrt und Fremden gegenüber verschlossen bis ablehnend auftritt, bildet den passenden Rahmen für die Handlung. Die Sage vom Teufelstritt kennt man vor allem von der Frauenkirche in München, hier allerdings wird die Variante der Maria-Empfängnis-Kirche von Zullingen als Inspiration für die Grafenrieder Dorfkirche gewählt. Das dörfliche Flair, die Verschwiegenheit der Einwohner und die Waldlandschaft werden gut charakterisiert; der fiktive Ort selbst hätte noch etwas mehr ausschmückende Details vertragen.

Überzeugend dargestellt wird Julias Leidenschaft für ihren Beruf als Försterin. Hier kommt der Autorin zugute, dass sie selbst Forstwissenschaften studiert hat und dem Leser anschaulich den Berufsalltag vermitteln kann. Julia hat den Beruf zwar zunächst ergriffen, um so ihrem verstorbenen Vater nachzueifern, doch auch ihre Liebe zur Natur und zum Wald wird offenkundig. So ungewöhnlich der Beruf für eine junge Frau auch ist, man versteht Julias Faszination und ihren Wunsch, das Gleichgewicht der Natur zu erhalten. Dazu gehört auch die Jagd, die Julia betreiben muss, was für die zum Erhalt des Gleichgewichtes dazugehört. Während Julia zum Wohle der Tier- und Pflanzenwelt auf die Jagd geht, reist ihr Vorgesetzter Ludwig Voss gern auf Safaris, was ihn ihr nur noch unsympathischer macht. Erzählt wird die Handlung in einem flüssigen Stil, der zusätzlich zum nicht allzu dicken Umfang von gut dreihundert Seiten eine sehr schnelle Lektüre ermöglicht.

Der Roman offenbart allerdings auch ein paar Schwächen, die vor allem in der Hauptfigur begründet liegen. Für den Leser ist es alles andere als leicht, sich mit Julia zu solidarisieren, da ihr Verhalten immer wieder verwirrt und befremdet. Sie benimmt sich oft sehr naiv und trägt viel dazu bei, ihren Status als Hauptverdächtige noch zu bestätigen. Die Tatwaffe stammt aus Julias Besitz, was sie der Polizei erst mitteilt, als die Wahrheit unausweichlich ist. Als Julia anonyme (Mord-)Drohungen über Facebook erhält, löscht sie diese, anstatt die Polizei darüber zu informieren. Ein anderes Mal findet sie ein weiteres Mordopfer, berührt dieses und unterlässt es anschließend, die Polizei zu informieren - obwohl ihr klar sein müsste, dass man durch Untersuchungen auf sie stoßen kann.

Auch sonst verhält sich Julia gegenüber ihren Mitmenschen oft nicht gerade kooperativ. So verspätet sich ständig beim Kindergarten ihres Sohnes, wenn sie ihn hinbringt oder abholt, und nimmt dies kurz nach einer Ermahnung der Erzieherin erneut in Kauf, obwohl sie genau wissen müsste, dass sie Ärger provoziert. Als ihr Handy gestohlen wird, informiert sie den Vater ihres Sohnes nicht sogleich darüber. Der Dieb bombardiert ihn daraufhin mit Terroranrufen, die Julias Ex Markus ihr zuschreibt, da ihre verspätete Erklärung, ihr Handy sei gestohlen worden, wie eine Ausrede klingt. Ein anderes Mal rutscht ihr gegenüber einer Person ganz direkt eine Mordanschuldigung heraus, die sie anschließend lapidar entschuldigt. Generell wird Julia zwar übel mitgespielt von den Dorfbewohnern, sie macht es einem andererseits aber auch nicht leicht, sie für unschuldig zu halten und mit ihr zu sympathisieren.

Neben diesen Verhaltensweisen fällt bisweilen störend auf, dass Julias Reaktionen teilweise unpassend zur Lage sind. Vor allem in einer sehr dramatischen Situation, in der es um Leben und Tod geht, wirken ihre Gedanken zu sachlich. Zudem fallen Julias Ermittlungsergebnisse sehr dezent aus. Der entscheidende Schlüssel zum Täter fällt ihr in Form eines alten Tagebuchs in die Hände, und zwar durch einen glücklichen Zufall, ohne dass sie dafür etwas tun muss. Die Entlarvung des Täters ist am Schluss keine große Überraschung; auch vorher findet man bereits Hinweise. Das Motiv wiederum ist überzeugend, und die Verquickung zwischen Gegenwart und Vergangenheit ist gut gelungen.

Fazit:

Mit "Teufelstritt" legt Ursula Hahnenberg ein solides Krimidebüt vor, das recht gut unterhält und sich flüssig liest. Überzeugend ist die Verbindung zwischen Gegenwart und der Jahrzehnte zurückliegenden Vergangenheit. Allerdings liegen vor allem im Verhalten der Protagonistin auch einige Schwächen; hier ist noch Luft nach oben für die weiteren Bände.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.