21. Juni 2016

Dein letzter Tag - A.J. Rich

Produktinfos:

Ausgabe: 2016 bei Blanvalet
Seiten: 352
Buchhandel.de
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Die Autorinnen:

Hinter dem Pseudonym A.J. Rich verbergen sich die US-amerikanischen Autorinnen Amy Hempel und Jill Clement, die hier ihren ersten gemeinsamen Roman vorlegen.

Inhalt:

Als die Psychologiestudentin Morgan Prager in ihre New Yorker Wohnung kommt, erwartet sie ein furchtbarer Anblick: Ihr Verlobter Bennett liegt bis zur Unkenntlichkeit zugerichtet in ihrem Schlafzimmer, Morgans drei Hunde sitzen mit blutverschmierten Schnauzen daneben. Alles deutet darauf hin, dass die Hunde ihn zu Tode gebissen haben.

In den nächsten Tagen wird Morgans Schock noch vergrößert, denn es stellt sich heraus, dass offenbar nichts, was Bennett ihr von seinem Leben erzählte, der Wahrheit entspricht. In seiner angeblichen Heimatstadt gibt es keinen Hinweis auf ihn oder seine Eltern, die Adresse seines Noch-Wohnsitzes existiert nicht, auch seine Arbeitsstelle ist erfunden. Da kein Ausweis bei seiner Leiche gefunden wurde, kann niemand sagen, wer Bennett tatsächlich war.

Schließlich stößt Morgan im Internet auf eine weitere Verlobte Bennetts, die sich mit ihr treffen will. Doch am Treffpunkt erfährt Morgan, dass die Frau bereits vor Wochen unter mysteriösen Umständen gestorben ist. Und sie ist nicht die Einzige aus seinem Umfeld, die plötzlich verstirbt. Morgen ahnt, dass sie das Rätsel um Bennett lösen muss, ehe sie selbst zum Opfer wird ...

Bewertung:

Das Autorenduo wählt einen im Thrillergenre beliebten und vielversprechenden Ausgangspunkt: Die Protagonistin verliert ihren Partner und stellt in den nächsten Tagen und Wochen mit wachsendem Entsetzen fest, dass er ein ganz anderer war, als er vorgegeben hat. In diesem Fall weiß Morgan nicht einmal den richtigen Namen ihres verstorbenen Verlobten, da sie weder gemeinsame Freunde haben noch seine Familie zu finden ist noch seine DNA gespeichert ist.

Die Handlung ist durchweg spannend und kurzweilig. Auf Nebenstränge wird verzichtet, es geht immer nur darum, aus Morgans Sicht zu erleben, was sie als Nächstes über "Bennett" aufdeckt. Den Tod ihres Verlobten durch ihre eigenen Hunde zu verkraften ist schon schwer genug für die Ich-Erzählerin. Dann aber zu erfahren, dass er sie nach Strich und Faden belogen hat und parallel noch andere Beziehungen führte, macht es noch einmal schlimmer. Als sich herausstellt, dass eine andere Exverlobte offenbar ein paar Wochen vor seinem Tod ermordet wurde, muss Morgan sogar fürchten, dass Bennett ein Mörder war. Als weitere Morde geschehen, steht sie vor der Frage, ob diese auch etwas mit ihm zu tun haben - und wenn ja, wer dahintersteckt. Verdächtig kommt Morgan Bennetts wirre Freundin Samantha vor, die darauf beharrt, dass er noch leben würde, da sie regelmäßig E-Mails von ihm erhält. Denkbar ist aber auch, dass Samantha tatsächlich E-Mails von jemanden erhält, der sich für Bennett ausgibt.

Es ist kein Werk, das erst auf den allerletzten Seiten die Auflösung präsentiert, mit etwas Feingefühl erahnt der Leser die Hintergründe schon etwas vorzeitig, aber dennoch hält der Roman gut in Atem. Morgan informiert zwar regelmäßig die Polizei über ihre Erkenntnisse, stellt aber auch eigene Nachforschungen an. Es ist sehr fesselnd, ihre Entdeckungen mitzuverfolgen - sei es, dass sie nach Kanada reist, um Bennetts angebliche Wohnung zu finden, dass sie seine anderen Exverlobten ausfindig macht und seine Exfrau trifft oder dass sie eine Hackerin beauftragt, Bennetts Mailkonto zu knacken. Daneben ist es auch reizvoll, die Entwicklung zwischen Morgan und McKenzie zu beobachten, dem auf Tierrecht spezialisierten Anwalt, der sich für Morgans Hunde einsetzt und den Morgan mehr als sympathisch findet. Auch wenn ihre Pyrenäenberghündin Cloud und die beiden Pitbull-Mischlinge George und Chester Bennett getötet haben sollen, vertraut Morgan ihnen weiterhin und möchte sie unbedingt vor dem Einschläfern bewahren. Der Tierschutz liegt Morgan am Herzen; während die sanftmütige Cloud seit dem Welpenalter bei ihr lebt, hat Morgan Chester und George erst vor wenigen Monaten aus einer Tötungsstation gerettet.

Dieser Hingabe für ihre Tiere macht Morgan von Beginn an sympathisch, auch wenn sie ansonsten ein wenig zu blass bleibt. Ein kleines Manko des Romans ist daher der etwas spärliche Einblick in Morgans Emotionen. Zwar reagiert sie grundsätzlich natürlich geschockt und entsetzt auf die Enthüllungen, aber es bleibt bei eher oberflächlichen Erwähnungen dieser Gefühle, statt sie den Leser intensiv durch Gedanken und Handlungen spüren zu lassen. Morgan kommt einem dadurch als Charakter nicht ganz so nah, wie angesichts ihrer Lage möglich wäre; sie erscheint phasenweise fast wie eine Außenstehende zu erzählen, und man leidet nicht ganz so sehr mit ihr mit, wie zu erwarten wäre. Das dramatische Finale hat zudem ein, zwei konstruierte Szenen, die sich aber in Grenzen halten, sodass keines der Mankos den Lesegenuss erheblich schmälern würde.

Fazit:

Spannender und kurzweiliger Thriller mit interessanter Ausgangslage, der durchweg gut unterhält. Die Hauptfigur hätte zwar noch lebendiger gestaltet werden können, trotzdem ergibt sich unterm Strich ein sehr unterhaltsamer Roman für Freunde des Genres.

8. Juni 2016

Schwarze Federn - Nina Malik

Produktinfos:

Ausgabe: 2016 bei Blanvalet
Seiten: 480
Buchhandel.de
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Die Autorin:

Nina Malik ist das Pseudonym einer erfolgreichen Romanautorin aus Norddeutschland, wie ihr Verlag preisgibt. "Schwarze Federn" ist der erste Band einer neuen Reihe.

Inhalt:

Als Marlis Seelers, Ehefrau des umstrittenen Strafverteidigers Albert Nehring und Mutter zweier Kinder, macht eine schreckliche Entdeckung in ihrem Haus: In ihrem Wintergarten liegen zwei Leichen, große Teile des Hauses wurden mit Teer beschmiert, die beiden ineinander verschlungenen Toten auf Federn gebettet. Alles muss geschehen sein, während sie und die Kinder fest geschlafen haben. Ihr Mann ist nicht zu finden.

Chefermittler Simon Ackermann und seine junge Kollegin Franka Janhsen stehen vor einer schwierigen Aufgabe. Die Toten entpuppen sich als eine junge Frau und ein Junge, doch die Identität der beiden ist unklar. Schnell gerät Marlis Seelers' verschwundener Ehemann in Verdacht, da er flüchtig zu sein scheint. Denkbar ist allerdings auch, dass sich jemand an ihm wegen seiner umstrittenen Methoden vor Gericht rächen wollte.

Marlis Seelers kommt vorübergehend in die Psychiatrie. Während Simon Ackermann nach dem Ehemann fahndet, befasst sich Franka näher mit der Ehefrau. Es stellt sich heraus, dass Marlis Seelers schon früher unter psychischen Problemen litt und dass es einige dunkle Seiten in der Ehe gibt. Wie viel weiß sie über die Geschehnisse im Haus? Und schließlich taucht der obdachlose Jugendliche Noah auf, der in den Fall verwickelt zu sein scheint ...

Bewertung:

Unter dem Pseudonym Nina Malik legt die Autorin mit "Schwarze Federn" den ersten Band einer neuen Reihe um die Ermittlerin Franka Janhsen vor - zweifellos ein recht unterhaltsamer, aber insgesamt nicht überdurchschnittlicher Kriminalroman.

Auffallend ist vor allem die Zeit, die sich das Werk nimmt, um die Handlung zu entfalten. So gibt es nach hundert Seiten noch keine Spur von Albert Nehring und keinen Hinweis auf die Identität der beiden Leichen, im Grunde stehen lediglich Todesursachen und -zeitpunkte der Toten fest. Das Muss kein Nachteil sein, denn dafür nimmt der Leser ausgiebig teil an den Entwicklungen. Jeder Schritt der Ermittler wird begleitet, man erhält umfassende rechtsmedizinische und kriminalistische Einblicke, die gut recherchiert wirken. In der ersten Buchhälfte ist somit Geduld gefragt, dafür wird man mit reizvollen Informationen versorgt, die einen Schritt für Schritt die Ermittlererkenntnisse begleiten lassen.

Der Fall ist mysteriös, da lange Zeit unklar ist, warum die beiden Leichen ausgerechnet im Haus des Anwalts liegen und warum sie so auffällig drapiert sind. Das Gesicht des weiblichen Opfers wurde grausam zugerichtet und mit einer Maske abgedeckt, der Junge dagegen geschminkt, um sein ohnehin hübsches Gesicht noch engelsgleicher wirken zu lassen. Beide hatten vor ihrem Tod Sex, nicht zwingend gegen ihren Willen. Sie sind zur Schau gestellt wie ein Liebespaar, dazu das Teer und die Federn - eine bizarre Inszenierung, deren Hintergrund rätselhaft ist. Rätsel gibt auch Marlis Seelers auf. Ihre Medikamente deuten auf Schizophrenie hin, und Franka tut sich schwer, Informationen von ihr zu erhalten, da die Psychiatrie sie sorgsam abschirmt und Marlis Seelers nur bedingt vernehmungsfähig ist.

Unklar ist zunächst auch, welche Rolle der zweite Handlungsstrang um den obdachlosen Punker Noah spielt. Nach und nach werden diese beiden Handlungen jedoch zusammengeführt, und Noah erhält eine wichtige Rolle und ist insgesamt einer der interessantesten Charaktere. Bei Franka Janhsen wird schnell klar, dass sie ihre Vergangenheit ruhen lassen möchte und einige Geheimnisse hat. Man erfährt, dass Frankas Einstieg ins Morddezernat in Rerrick beruflich überaus erfolgreich war, von den Kollegen allerdings mit Neid und Misstrauen bedacht wurde. Nur ihr Partner Simon Ackermann begegnete ihr positiv, sodass sich Franka eine kühle Fassade zugelegt hat. Sie gibt sich bewusst unnahbar, um nicht verletzt zu werden, was wiederum für Spannungen sorgt, die die Ermittlungen nicht einfacher gestalten. Gewiss wird man in den folgenden Bänden noch einige weitere Details zu Frankas Vergangenheit erfahren, die bislang nur angerissen wurden.

Dennoch fehlt es hier an einprägsamen Charakteren, deren weiteren Weg man unbedingt weiterverfolgen möchte. Weder Franka noch Simon sind so interessant, dass man zwangsläufig begierig auf weitere Fälle mit ihnen ist. Die Ermittlungen wiederum ziehen sich bisweilen ein bisschen zu sehr, und das große Finale löst sich ein wenig vorhersehbar und konstruiert auf.

Fazit:

Der erste Franka-Janhsen-Band "Schwarze Federn" von Nina Malik ist unterm Strich recht unterhaltsam, insbesondere für Krimifans, die sich für rechtsmedizinische Details interessieren. Spannung will allerdings nur bedingt aufkommen, auch die Charaktere sind nicht übermäßig interessant. Kann man lesen, ist aber kein Highlight des Genres.