1. November 2015

Bibi und Tina - Der Waldbrand

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Inhalt:

Bibi, Tina und Alex sind mit großem Eifer Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr von Falkenstein. Förster Buchfink betreut die Jugendgruppe und bringt ihnen alles Wichtige rund um Brände, Löschen und Bergen von Personen bei. Am Wochenende steht der Wettbewerb der Kinder- und Jugendfeuerwehr an, bei dem die drei Freunde gegen die Mannschaft von Rotenbrunn antreten darf. Wenn sie erfolgreich sind, erhalten sie die Auszeichnung "Kleine Flamme".

Während sich Bibi und Tina freuen, ist Alex allerdings bedrückt. Der Grund: Am Freitag vor der Prüfung gibt sein Vater ein großes Schlossfest, das bis ins kleinste Detail perfekt sein soll. Alex muss unter der Woche helfen und zahlreiche Erledigungen machen - dabei wird natürlich nicht viel Zeit zum Üben und Lernen für den Wettbewerb bleiben. Unter dem Drängen von Bibi und besonders Tina fragt Alex seinen Vater, ob er ihm Zeit für die Feuerwehr lässt. Doch wie befürchtet, lehnt der Graf ab, denn die Feuerwehr scheint ihm zu unwichtig.

Alex traut sich nicht, Bibi und Tina zu sagen, dass er nicht mehr mitmachen darf. Stattdessen versucht er, alle Aufträge seines Vaters zu erledigen und parallel an den Übungen teilzunehmen. Das sorgt natürlich für Probleme - vor allem aber wird aus Spaß plötzlich Ernst ...

Bewertung:


Lehrreich, unterhaltsam und vorhersehbar - in diesen drei Worten lässt sich die Folge "Der Waldbrand" zusammenfassen. Es sind viele altbekannte Elemente, die hier gemeinsam mit der Feuerwehr-Thematik zu einer neuen Folge verarbeitet werden: Bibi, Tina und Alex trainieren wieder einmal für einen Wettbewerb, auch wenn der sich diesmal nicht ums Reiten dreht, der Graf zeigt sich mal wieder streng, und Tina drängt Alex wie schon so oft dazu, sich dagegen zu wehren.

Auf Kinder warten einige nützliche und durchaus interessante Informationen zum Thema Brandvermeidung. Der Wettbewerb besteht nicht nur aus praktischen Übungen, sondern auch aus einem Theorieteil. Bibi, Tina und Alex müssen beispielsweise wissen, was die Hauptursachen für Brände im Haus und in der Natur sind, welche Vermeidungsmaßnahmen getroffen werden müssen und welche unterschiedlichen Arten von Bränden es gibt. Diese Fragen beantworten sie Förster Buchfink und teilen sie somit zugleich dem Hörer mit. Das Hörspiel macht Werbung für die Freiwillige Feuerwehr und plädiert generell dafür, sich vernünftig und hilfsbereit zu verhalten.

Des Weiteren zeigt sich, was es für Folgen haben kann, wenn man jemanden zu etwas drängt. Alex hängt zwischen den Stühlen: Seine Freundin Tina reagiert genervt auf seine familiäre Verpflichtung und erwartet, dass er sich von seinem Vater Freiraum erkämpft. Der Graf wiederum setzt voraus, dass Alex seinen Pflichten nachkommt, zumal er später einmal selbst solche Feiern auf dem Schloss ausrichten muss und daher jetzt schon dafür lernen soll. Alex hat nun die Wahl, entweder Bibi und Tina oder seinen Vater vor den Kopf zu stoßen oder zu schwindeln und beide Parteien zufriedenzustellen; aus der Not heraus entscheidet er sich für die zweite Möglichkeit. Am Ende sehen sowohl Tina als auch der Graf ein, dass sie Alex zu sehr gedrängt und sich egoistisch verhalten haben. Erfreulicherweise merkt Tina das schnell und verhält sich nicht ganz so zickig wie in früheren Folgen, wo sie Alex oft erhebliche Vorwürfe machte und schnell ins Schmollen kam, während sie sich hier rascher einsichtig zeigt. Ebenfalls erfreulich ist die Tatsache, dass hier noch mal Eberhard Prüter den Grafen in einer größeren Rolle spricht, da er leider im Herbst 2014 verstarb.

Die Geschichte unterhält recht gut, ist jedoch ausgesprochen vorhersehbar. Beispielsweise äußert sich Graf von Falkenstein anfangs auffallend abfällig über die Freiwillige Feuerwehr und tut sie als überflüssige Kinderei ab, sodass dem Hörer sofort klar ist, dass im Laufe der Handlung ein Feuer den Besitz des Grafen gefährden wird. Auch das drohende Gewitter wird deutlich erwähnt, sodass sich jeder Hörer schon früh denken kann, durch was das Feuer ausgelöst werden wird.

Generell wirkt die Geschichte ein wenig wie mit der Brechstange konstruiert, etwa wenn sich Bibi, Tina und Alex so begeistert über die alte Feuerwehrspritze zeigen - Interesse, sie zu sehen, ist nachvollziehbar, aber sie reagieren so aufgeregt und extrem neugierig, dass es aufgesetzt statt realistisch wirkt.

Darüber hinaus ist es schade, dass sich die Folge in die letzten Episoden einreiht, in denen Bibi, Tina und Alex in erster Linie musterhaft agieren. In früheren Folgen erlebten sie häufig Abenteuer oder spielten auch schon mal Streiche auf dem Hof; in den letzten Jahren geht es meist darum, dass sie an Turnieren oder anderen Wettbewerben erfolgreich teilnehmen, und Bibi hext nur noch in allergrößten Notfällen. Die freche, hexische Bibi, die Reiterferien mit Abenteuerflair verbringt, ist etwas untergegangen, während es zunehmend darum zu gehen scheint, dass Bibi und ihre Freunde vorbildhaft agieren und immer wieder schnell neue Dinge lernen (Voltigieren, Lassowerfen) oder Turniere gewinnen - der Lerncharakter der Folgen trifft einfach insgesamt derzeit ein bisschen zu plakativ in den Vordergrund.

Fazit:

Eine solide und insbesondere lehrreiche Bibi-und-Tina-Folge, die allerdings auch sehr vorhersehbar ist. Insgesamt hörenswert, zählt aber gewiss nicht zu den besten Episoden der Reihe.

Sprechernamen:

Bibi Blocksberg: Susanna Bonasewicz
Tina Martin: Dorette Hugo
Alexander v. Falkenstein: Sven Hasper
Frau Martin: Arianne Borbach
Graf v. Falkenstein: Eberhard Prüter
Förster Buchfink: Klaus-Peter Grap
Dagobert: Helmut Gauß
Erzähler: Gunter Schoß

Verdacht ist ein unheimlicher Nachbar - Louise Welsh

Produktinfos:

Ausgabe: 2014
Seiten: 275
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Die Autorin:

Die Britin Louise Welsh, Jahrgang 1965, studierte zunächst Geschichtswissenschaft und verfasste Kurzgeschichten. 2002 erschien ihr erster Roman "Dunkelkammer", weitere Werke sind beispielsweise "Der Kugeltrick" und "Das Alphabet der Knochen".

Inhalt:

Nach sechs Jahren Fernbeziehung zwischen Glasgow und Berlin zieht die Schottin Jane endlich zu ihrer Freundin Petra. Zudem ist Jane im achten Monat schwanger, und die beiden Frauen freuen sich auf ihr erstes gemeinsames Kind. Während Petra als Bankerin beruflich viel eingespannt ist und teilweise ins Ausland reisen muss, erledigt Jane den Haushalt.

Obwohl Jane froh ist, bei Petra zu leben, verunsichert sie die neue Umgebung auch. Außer Petra hat sie in Berlin kaum Bekanntschaften, die finanzielle Abhängigkeit von ihrer Lebensgefährtin setzt ihr zu, sie hat Mühe mit der deutschen Sprache. Zudem missfällt ihr der Nachbar Alban Mann, der hier alleine mit seiner dreizehnjährigen Tochter Anna lebt. Die frühreife Anna liefert sich lautstarke Auseinandersetzungen mit ihrem Vater, Jane entdeckt blaue Flecken im Gesicht des Mädchens.

Sie bietet ihre Hilfe an, doch sowohl Anna als auch ihr Vater bestreiten, dass Misshandlungen vorliegen. Janes Verunsicherung steigt, als sie das Gerücht hört, Alban Mann habe seine Frau vor Jahren ermordet. Obwohl Petra Jane dazu drängt, sich aus den Angelegenheiten der Nachbarn herauszuhalten, befasst sich Jane immer obsessiver damit ...

Bewertung:

Der deutsche Titel klingt ein wenig abgehoben, simpler und treffender ist da der englische Originaltitel: "The girl on the stairs". Protagonistin Jane ist generell noch nicht heimisch in Berlin und leidet unter gewissen Verunsicherungen; so richtig beginnt ihr Dilemma allerdings erst, als sie dem Mädchen auf der Treppe begegnet. Die dreizehnjährige Anna weckt in der schwangeren Frau starke Beschützerinstinkte. Jane stößt in ihrem Umfeld und bei den Behörden allerdings schnell auf taube Ohren und greift daraufhin zu unkonventionellen und gefährlichen Methoden, um Anna zu helfen.

Es macht den besonderen Reiz des Romans aus, dass der Leser lange Zeit nicht recht einschätzen kann, wie real Janes Ängste tatsächlich sind. Es ist unklar, ob Jane die Ereignisse überinterpretiert oder ob sie tatsächlich in Gefahr schwebt. Es ist gut nachzuvollziehen, dass Jane anhand ihrer Beobachtungen gewisse Schlüsse zieht, dass ihr der Nachbar unheimlich ist und dass sie sich um seine Tochter sorgt. Es besteht jedoch auch immer die Möglichkeit, dass alles harmloser ist, als es sich Jane darstellt - möglicherweise ist Albans Frau wirklich vor ein paar Jahren bei Nacht und Nebel durchgebrannt, möglicherweise hat sich Anna ihre Verletzung in der Tat beim Basketballtraining zugezogen. Der Leser schwankt zwischen Solidarisierung für Jane auf der einen Seite und Verständnis für ihre Umgebung, welche allmählich ungeduldig wird, auf der anderen Seite.

Somit ist der Roman nicht nur ein Thriller, sondern auch ein interessantes Psychogramm einer verunsicherten Frau, die sich mehr und mehr in einer Obsession verliert. Neben dem kriminalistischen Teil steht auch die Beziehung zwischen Jane und Petra im Fokus. Dass die beiden lesbisch sind, wird angenehm unaufgeregt eingebaut und spielt keine wesentliche Rolle.

Wichtiger ist das Gefälle zwischen den beiden, das Jane immer deutlicher bewusst wird. Petra ist eine erfolgreiche Bankerin, die für den Lebensunterhalt der beiden sorgt. In Glasgow hat Jane eine Buchhandlung geführt; diesen Job möchte sie auch in Berlin irgendwann wieder ausüben. Doch vorerst trägt sie das gemeinsame Kind der beiden aus, das durch künstliche Befruchtung entstand. Jane ist aufgrund der Schwangerschaft besonders sensibel und Alban Mann erscheint ihr nicht als die einzige Bedrohung. Sie spürt Petras zunehmende Ungeduld, wenn sie wieder einmal den Nachbarn hinterher spioniert hat; sie reagiert eifersüchtig auf Petras Geschäftskollegen und befürchte eine Affäre mit einer anderen Frau. Besonders schmerzhaft ist der Verdacht, dass Petra sie nicht liebt, sondern nur benutzt, um an ein Kind zu kommen und sie bald nach der Geburt verlassen wird. Der Konflikt mit Alban Mann ist so nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, während Jane grundsätzlich mit ihrem Leben hadert und zunehmend den Halt verliert.

Obwohl Janes Verhalten in vielerlei Hinsicht verständlich ist, reagiert sie manchmal jedoch auch angesichts ihres Zustandes zu unbedacht. Mehrmals begibt sie sich viel zu leichtsinnig in Gefahr und das macht es dem Leser nicht immer leicht, sich mit ihr zu identifizieren. Gewiss wäre der Roman noch stärker, wenn man sich noch intensiver in Jane einfühlen könnte, wenn sie einen nicht bisweilen mit ihren überstürzten Aktionen verärgern würde.

Zum Schluss laufen alle Fäden zusammen, bis dahin offen gebliebene Fragen klären sich. Allerdings erscheint die Wendung, die das alles ermöglicht, auch ein wenig konstruiert. Angesichts der zuvor kreierten düsteren Atmosphäre erscheint das Ende ein bisschen zu zahm und zu harmonisch.

Fazit:

Von kleinen Schwächen abgesehen ein stimmungsvoller und lesenswerter Psychothriller mit einer interessanten Grundthematik.