3. Mai 2013

Die Straße zwischen den Welten: John Franklins Suche nach der Nordwest-Passage - Christa-Maria Zimmermann

Produktinfos:

Ausgabe: 2007
Seiten: 299
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Die Autorin:

Christa-Maria Zimmermann, geboren 1943 in Oberösterreich, studierte zunächst Kunstgeschichte und Geschichte und arbeitete später als Redakteurin. Nach der Geburt ihrer Kinder konzentrierte sie sich auf das Schreiben Kriminalromanen sowie historischen Kinder- und Jugendbüchern. Weitere Werke sind u.a. "Hundert Tage bis Lhasa", "Die Nacht, als die Titanic sank" und "Der Königsraub am Rhein".

Inhalt:

London, 1854: Der 14-jährige Matti lebt in armen Verhältnissen, sein alkoholabhängiger Vater schlägt sich in der Konservenfabrik als Arbeiter durch, seine Mutter ist tot. Nach einem harten Arbeitstag verhindern sie einen Überfall auf den zwölfjährigen Christopher - Mattis Vater kommt dabei ums Leben. Aus Dankbarkeit für die Rettung nimmt Chris' wohlhabende Familie Matti bei sich auf und die beiden Jungen schließen rasch Freundschaft.

Durch Chris erfährt Matti von der bevorstehenden Expedition des legendären John Franklin, der mit den beiden gewaltigen Schiffen "Erebus" und "Terror" die Nordwestpassage finden und durchqueren will. Chris ist stolz darauf, einen Platz als Schiffsjunge bekommen zu haben und zu seiner Freude darf auch Matti mitfahren. Bald darauf brechen die beiden Schiffe in die Arktis auf.

Am Anfang der Reise sind alle an Bord optimistisch, auch den ersten Sturm meistern sie gut. Schließlich müssen sie jedoch feststellen, dass ihre vorgesehenen Routen eingefroren sind - die Schiffe werden zur Überwinterung gezwungen. Aufgrund der vielen Vorräte scheint dies zunächst kein Problem zu sein, doch dann gibt es erste Todesfälle und die Stimmung an Bord wendet sich ...

Die Franklin-Expedition im Jugendgewand

Viel ist über die dramatische Franklin-Expedition geschrieben worden, bei der Mitte des 19. Jahrhunderts zwei Schiffe mit knapp 130 Mann Besatzung im ewigen Eis des Nordpols verschwanden, nicht zuletzt Dan Simmons' großartige Historik-Horror-Variante Terror.

Vereinzelte Leichen- und Lagerfunde, zwei Nachrichten und Inuitberichte geben ein vages Zeugnis darüber ab, was sich damals in den Jahren nach der Abreise der "Erebus" und der "Terror" in der Arktis abgespielt haben muss. Das Scheitern einer so modern angelegten Expedition unter dem erfahrenen Kommandanten John Franklin und das grauenhafte Ende der Männer, das in Kannibalismus mündete, bewegen noch heute die Gemüter und bieten durchaus auch für einen Jugendroman in vereinfachter Form einen packenden Stoff - in allen Belangen kann das Werk dennoch nicht überzeugen.

Es dauert eine Weile, bis die Expedition überhaupt startet, doch die Vorgeschichte ist nicht unwichtig, um die beiden Hauptfiguren besser kennen zu lernen. Matti und Chris kommen aus unterschiedlichsten Verhältnissen, dennoch werden sie schnell gute Freunde und bewähren sich auch als die beiden Jüngsten unter den Seeleuten an Bord. Besonderen Reiz haben die Tagebucheinträge von Chris, die immer mal wieder in die Handlung eingeschoben werden und eine gute Ergänzung zu den Geschehnissen bilden. Der historische Hintergrund ist auf ein für junge Leser verständliches Maß zusammengekürzt, ebenso werden sämtliche Seefahrtsausdrücke gut erklärt.

Überzeugend gestaltet die Autorin den Übergang von optimistischer Stimmung zu allmählichem Zweifel: Neujahrsmorgen 1846 stirbt ein Heizer, was die Mannschaft zwar erschüttert, doch nicht weiter beunruhigt, da er offenbar schon krank die Expedition angetreten hat. Die nächsten beiden Todesfälle lassen jedoch nicht lange auf sich warten und diesmal reagieren die Männer unruhiger. Es drängt sich der Verdacht auf, dass mit den Konserven etwas nicht stimmt - und Matti, der in genau jener Fabrik mit seinem Vater gearbeitet hat, kann sich sogar an fatales Gespräch diesbezüglich erinnern, das nun für dramatische Folgen sorgen könnte. Einer der dramatischsten Zwischenfälle ist schließlich der Tod von John Franklin, dem Mann, der allen Männern stets Zuversicht eingeflößt hat, auch wenn sich die Expedition als schwieriger erwies als gedacht. Es gelingt der Autorin recht gut, die fiktiven Schicksal der beiden Jungen in die historische Situation einzufügen. Auch wenn der Ausgang der Expedition bekannt sein sollte, verleihen Matti und Chris der Handlung zusätzliche Spannung, da nicht gewiss ist, ob es zumindest für sie ein gutes Ende gibt.

Aber auch für einen Jugendroman für Leser ab etwa zwölf Jahren ist das Werk ein bisschen zu oberflächlich geraten. Außer John Franklin erhält kaum einer der Männer an Bord ein wirkliches Profil, gerade Charaktere wie Francis Crozier, der nach Franklins Tod das Kommando übernahm, hätten eine etwas nähere Betrachtung verdient. Zu den Mankos zählt auch, dass entscheidende Ereignisse am Ende der Expedition hier kaum beleuchtet werden, da sich Matti und Chris gemeinsam mit ein paar anderen vom Rest vorübergehend trennen, um auf die Jagd zu gehen und so bei der Rückkehr vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Auch wenn die Jagdereignisse nicht uninteressant sind, wäre es reizvoller gewesen, die Geschehnisse beim Lager zu verfolgen. Letztlich kommt das Ende etwas zu plötzlich und ist zwar vom Grundgedanken her gut, aber zu knapp ausgeführt. Es macht mehr neugierig, als dass es befriedigt und ist nicht ganz so wirkungsvoll, wie es die Thematik verdient hätte.

Fazit:


Ein insgesamt unterhaltsamer und spannender Jugendroman, der die wahre Geschichte der Franklin-Expedition altersgemäß umsetzt. Allerdings hält das Buch nicht alles, was die Thematik verspricht und schwächelt in ein paar Belangen, dennoch auf alle Fälle lesenswert, nicht nur für Jugendliche.

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