4. Oktober 2012

Die drei Fragezeichen - Stimmen aus dem Nichts

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Inhalt:

Justus erlebt im Wartezimmer beim Arzt den Zusammenbruch einer alten Frau. Sie ist völlig außer sich und behauptet immer wieder, ihre Schwester habe sie im Toilettenraum mit Worten belästigt. Eine Patientin schaut nach, doch dort ist niemand zu sehen. Die Sprechstundenhilfe reagiert unwillig auf das Verhalten der alten Frau und gibt ihr einen Termin bei ihrer Ärztin Dr. Franklin. Die alte Mrs. Holligan sieht so traurig und verlassen aus, dass Justus sie anspricht. Er erfährt, dass Mrs. Holligan seit Wochen immer wieder die Stimme ihrer Schwester Metzla hört, mal aus dem Nichts und mal aus dem Telefon. Das Erschreckende daran ist, dass Metzla Holligan bereits vor einigen Monaten an Krebs verstorben ist. Trotzdem hört ihre Schwester, die Metzla bis zum Schluss pflegte, immer wieder die böse Stimme, die sie angeblich in den Tod treiben will.

Justus möchte den Fall übernehmen und erhält das Einverständnis von Mrs. Holligan. Seine Kollegen Peter und Bob reagieren allerdings ablehnend, denn sie fürchten, dass die alte Frau lediglich geistig verwirrt ist. Justus kann sie dennoch überreden, ihn zur Villa der alten Frau zu begleiten. Dort angekommen, weigert sich Mrs. Holligan aber, die Jungen zu empfangen. Sie erklärt, dass ihre Ärztin Dr. Franklin, bei der sie eine Gesprächstherapie absolviert, ihr dringend geraten hat, mit niemandem mehr über die Sache mit ihrer Schwester mehr zu sprechen.

Immer noch will Justus nicht aufgeben. Nach und nach glauben auch seine Kollegen, dass jemand ein teuflisches Spiel mit der schwer herzkranken Mrs. Holligan treibt, und bringen sie dazu, ihre Ermittlungen schließlich doch zu unterstützen. Doch wer oder was steckt hinter den Stimmen aus dem Nichts ...?

Rache aus dem Jenseits

Wieder einmal gelangen die drei Detektive eher zufällig an einen interessanten Fall. Diesmal ist es Justus, der eine Bekanntschaft macht und den drei Fragezeichen einen neuen Klienten an Land zieht.

Intensive Atmosphäre

Es ist eine überwiegend ruhige und melancholische Folge, die erst gegen Ende ihre Portion Action erhält. Im Mittelpunkt steht eine einsame alte Frau, die unter schweren Herzproblemen leidet. Nicht nur, dass ihre Schwester sie immer mehr hasste, je näher sie dem Tod kam, Mrs. Holligan fühlt sich auch nach deren Ableben von ihr verfolgt und ist einem Nervenzusammenbruch nah. Das Schicksal der alten Frau, die nicht mehr weiß, ob sie ihrem Verstand trauen darf, geht nicht nur den drei Detektiven und hier besonders Justus nah, sondern auch dem Hörer. Mrs. Holligan ist eine gelungene Figur, die durch einen individuellen Charakter überzeugt. Mal ist sie mit den Nerven am Ende, jammert lautstark und bemitleidet sich selbst, mal reagiert sie dagegen energisch und erscheint noch recht rüstig. Sie ist eine sympathische, aber keine einfache Klientin für die drei Detektive, denn in ihrer Naivität plaudert sie etwas über deren Ermittlungen aus und bringt die Freunde damit unbeabsichtigt in große Gefahr. Sehr glaubwürdig kommt dadurch das Wesen einer alten, überforderten Frau rüber, die einfach nur Ruhe vor der beängstigenden Stimme haben möchte und völlig aus der Fassung gebracht wird. Aber dennoch ist Mrs. Holligan keine absolut passive Figur, sondern noch gut genug beisammen, um auch selber ihren Teil zur Aufklärung beizutragen.

Für alle Fans vom dritten Fragezeichen ist erfreulich, dass Bob hier eine besondere Rolle spielt. Um die Therapiemethoden von Mrs. Holligans Ärztin zu überprüfen, erklärt er sich bereit, bei ihr als Testpatient zu fungieren. Justus und Peter ahnen jedoch nicht, dass sich Bob sein Problem, das er Dr. Franklin unterbreitete, nicht aus Tarnungsgründen ausgedacht hat, sondern ihn tatsächlich Liebeskummer plagt. Bob verrät in einer sehr ausführlich dargestellten Therapiesitzung, dass er eigentlich glücklich mit Freundin Elizabeth ist, sich aber seit einer Weile für eine gewisse Brenda interessiert, die ihn wiederum abweist. Dr. Franklin ist die erste Person, der er diesen Gefühlswirrwarr anvertraut, was Bob in einen Zwiespalt bringt, da er nicht nur als Ermittler aktiv, sondern tatsächlich auch Patient der Ärztin wird. Die Handlung erhält durch diesen kleinen Eingriff eine tiefere emotionale Ebene als die Geschichten der meisten anderen Folgen.

Natürlich wird auch hier wieder schnell klar, dass die Stimmen nicht wirklich aus dem Jenseits stammen. Dennoch kommt bisweilen eine unheimliche Atmosphäre auf, was vor allem an der heiser gezischten und mit Röcheln gespickten Stimme der verstorbenen Schwester liegt, die durch und durch bösartig klingt. Nur zu gut versteht man die Ängste von Mrs. Holligan, die bei jedem Telefonklingeln befürchten muss, wieder damit konfrontiert zu werden. Der Psychoterror wirkt auch deshalb besonders intensiv nach, weil es hier offensichtlich darauf angelegt wird, die alte Frau tatsächlich in den Tod zu treiben. Während es in vielen anderen Fällen der drei Detektive um Delikte wie Betrug oder Diebstahl geht, wird hier mit dem Leben eines Menschen gespielt. Auch das Finale ist brutaler, als man es sonst meist gewohnt ist, sodass diese Folge definitiv zu den ernsthaftesten und gefährlichsten Geschichten gehört, die die drei Detektive erleben, und auch die kriminelle Energie und Konsequenz des Täters ist so ausgeprägt wie selten zuvor. Ohne seine Identität preiszugeben, kann man sagen, dass Justus, Peter und Bob hier einem sehr facettenreichen und interessantem Gegenspieler begegnen, der, auch das sei erwähnt, in einem späteren Hörspiel noch einmal auftauchen wird.

Kleine Schwächen


Obwohl das Hörspiel an sich zu den sehr guten Folgen zählt, gibt es auch ein paar Schwächen. Zum einen ist die Handlung leider sehr vorhersehbar. Es gibt nur einen sehr beschränkten Kreis von Personen, sodass sich der Verdacht schnell konkretisiert, auch wenn das Motiv erst später klar wird. Überraschende Wendungen existieren nicht wirklich, die Ermittlungen verlaufen recht geradlinig, ohne dass sich die Freunde in eine Sackgasse bewegen oder komplett umdenken müssen. Das ist schade, denn darunter leidet natürlich die Spannung, und die exzellente Atmosphäre hätte mehr verdient gehabt, etwa ein paar zusätzliche Verdächtige, die zum Rätselraten auffordern. Mit gemischten Gefühlen erlebt man die Therapiesitzung von Bob. Die persönliche Ebene, die dadurch hineingebracht wird, ist sehr erfreulich, und die ruhige, fast esoterische Musik, die zu Beginn und zum Ende der Sitzung eingespielt wird, bildet die perfekte Untermalung - schwermütig, besinnlich, nachdenklich, eine Atempause im detektivischen Hörspiel.

Bei der Therapiesitzung mangelt es jedoch an Glaubwürdigkeit. Zum einen ist es sehr übertrieben, dass Bob für sein Liebeskummerproblem, das keine dramatischen Begleiterscheinen wie Schlaflosigkeit, Nahrungsverweigerung, Alkoholkonsum oder dergleichen aufweist, eine Hypnosebehandlung von Dr. Franklin vorgeschlagen bekommt. Auch wenn man kein Psychologieexperte ist, wirkt die ganze Sitzung ein wenig plakativ und laienhaft. Störend ist auch der Abschluss, der unnötig dramatisch gestaltet wird, als Dr. Franklin herausgerufen wird, da ein Patient dringende Hilfe benötigt. Im Hintergrund hört man verzweifelte Schreie, und Dr. Franklin bricht sofort ihre Sitzung mit Bob ab. Doch mitten im Hinausstürmen hält sie inne und wechselt plötzlich noch einige sehr ruhige Sätze mit Bob, als ob sie alle Zeit der Welt hätte, was sehr unrealistisch ist angesichts der Notsituation.

Das Verbrechen selbst ist auch nicht so gut durchdacht, wie wünschenswert wäre. Beim Versuch, Mrs. Holligan durch die Stimmen in den Wahnsinn und den Tod zu treiben, wird übersehen, dass es ein Leichtes für sie ist, sich Zeugen zu beschaffen oder die Stimmen aufzuzeichnen. Letztlich ist auch der Showdown ein bisschen zu dramatisch gestaltet, zumal der Zufall eine nicht unwesentliche Rolle spielt.

Das Cover sieht zwar nicht schlecht aus, hat allerdings mit der Handlung so gut wie nichts zu tun. Besser wäre gewesen, das Telefon zu zeigen oder den Innenraum der Arztpraxis. Da aber ja der Klappentext ausreichend über den Inhalt informiert, ist das kein wichtiger Punkt.

Gute Sprecherleistungen


Die Hauptsprecher Oliver Rohrbeck, Jens Wawrczeck (der diese Folge übrigens mal als seinen Favoriten bezeichnete) und Andreas Fröhlich sind wie üblich mit Spaß bei der Sache und qualitativ über jede Kritik erhaben. Mit Judy Winter als Dr. Clarissa Franklin hat man überdies eine sehr charismatische und ausdrucksstarke prominente Sprecherin hinzugewonnen. Sie spricht mit einer leicht heiseren Stimme, die gut zu ihrer Rolle als Psychologin passt - meist ein leises, suggestives Raunen mit kehligem Unterton, aber hin und wieder auch laut und energisch. Nicht nur ihre Rolle ist interessant, auch ihrer Stimme hört man gerne zu.

Die alte Mrs. Holligan wird von Katharina Brauren gesprochen, die leider ein Jahr nach Aufzeichnung dieser Folge verstarb. Als Schauspielerin kennt man sie vor allem aus den "Buddenbrooks", "Novemberkatzen" und als Loriots herrische Mutter in "Ödipussi". Ihre Stimme ist ausdrucksstark, besonders in den trotzigen oder jammernden Szenen, phasenweise aber etwas zu undeutlich, da sie zum Nuscheln neigt, auch wenn das ihre Rolle von der alten, verwirrten Frau sicher einfordert. Schon in früheren Folgen der drei Fragezeichen spielte sie mit, beispielsweise im "Karpatenhund" und im "Ameisenmensch" - interessant ist dabei ihre Wandlungsfähigkeit, denn gerade im "Karpatenhund" stellte sie eine unwirschen, penetranten und neugierigen Charakter dar, der wenig mit der sympathischen Mrs. Holligan gemeinsam hat und trotzdem in beiden Fällen überzeugt.

Die Stimme der verstorbenen Schwester Metzla übernimmt die ebenfalls leider bereits verstorbene Beate Hasenau, als Sprecherin unter anderem von "Golden Girl" Dorothy, Anita Ekberg, Claudia Cardinale und Disney-Fiesling Meerhexe Ursula aus "Arielle" bekannt. Allerdings ist ihre Stimme hier stark verstellt. Metzla spricht gezischt und heiser, unterbrochen von Röcheln und Husten, sodass einige Stellen akustisch nicht gut zu verstehen sind.

Fazit:


Eine atmosphärisch sehr dichte und eher ruhige Geschichte der drei Fragezeichen mit einem ihrer bösartigsten Gegenspieler. Der Grundtenor ist eher melancholisch, und das Hörspiel erhält eine gewisse Tiefe durch Bobs sehr persönliche Therapiesitzung. Die Sprecherbesetzung ist hervorragend, die Handlung allerdings zu vorhersehbar. Dennoch unterm Strich eine überdurchschnittlich gute Folge.

Sprechernamen:


Justus Jonas: O. Rohrbeck
Peter Shaw: J. Wawrczeck
Bob Andrews: A. Fröhlich
Mrs. Holligan: K. Brauren
Metzla Holligan: B. Hasenau
Dr. Franklin: J. Winter
Erzähler: M. Fuchs

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