15. September 2012

Das Sterben der Päpste - Alois Uhl

Produktinfos:

Ausgabe: 2007
Seiten: 249
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Der Autor:

Alois Uhl, Jahrgang 1936, studierte Theologie, Philosophie und Pädagogik. Von ihm erschienen bereits die Sachbücher »Papstkinder« sowie »Die Päpste und die Frauen«.

Inhalt:

Zwei Jahrtausende Sterben und Tod der Päpste werden kommentiert, die vielfältigen Todesursachen, die anschließenden Rituale und Verwicklungen, kuriose und interessante Begleitumstände.

Im Mittelalter waren turbulente Zustände an der Tagesordnung. Gregor VII., einst gefeiertes Idol, wurde von einem Gegenpapst verdrängt und starb im Exil. Die Leiche von Innozenz III. erfuhr eine Plünderung durch Unbekannte, der abgedankte Coelestin V. erlebte seine letzten Stunden eingesperrt hinter Burgmauern. Das nächste Kapitel widmet sich den Leibärzten der Päpste, ihren mitunter ausgefallenen Heilmethoden und ihrer lebensrettenden Einsatzbereitschaft. Es wird informiert über die Präparierung des Leichnams, die Überführung nach St. Peter und die typischen Darstellungen der Epoche wie den Totentanz in Verbindung mit dem Papsttum.

»Das Sterben der Päpste in der Renaissance und Barockzeitalter« berichtet von Mordanschlägen auf Alexander VI. und Leo X. in den bewegten Zeiten der Borgia und Medici. Das nächste Kapitel widmet sich im Gegensatz dazu den Päpsten, die nach langer Krankheit und im hohen Alter dahinschieden. Es folgt eine Übersicht über diverse letzte Stunden der Päpste, über ihre Sterbezimmer und letzten Worte sowie über die Totenzeremonien und bemerkenswerte Reaktionen der Römer auf ihren verstorbenen Papst.

Der dritte Teil befasst sich mit den Gräbern der Päpste und ihre Legenden. Es beginnt mit dem Petrusgrab über die Bestattungen in der Calixtus-Katakombe, in San Giovanni in Laterano bis hin zu einem makaberen Transport päpstlicher Gebeine in einem Koffer per Eisenbahn. Das nächste Kapitel informiert über Papstgräber außerhalb von Rom, so unter anderem auch über letzte Ruhestätten in Deutschland und schließt mit einer Übersicht über die verschiedenen Grabmale, ihre Ausstattung und ihre Botschaften.

»Das Sterben der Päpste vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart« konzentriert sich auf Leben und Ableben der umstrittenen Päpste Pius VI., Pius VII. und Pius IX., auf den Übergang ins 20. Jahrhundert mit Leo XIII., hin zum viel diskutierten Pontifikats Pius XII., der während des Zweiten Weltkrieges amtierte und über dessen Ableben unsägliche, intime Details an die Öffentlichkeit traten. Mit Johannes XXIII. erlebte die Welt einen engagierten Sympathieträger als Papst, dessen Tod internationale Bestürzung hervorrief.

Das letzte Kapitel befasst sich mit Johannes Paul I. und Johannes Paul II. Der frühe und unerwartete Tod des 33-Tage-Papstes Johannes Paul I. sorgt bis heute für Debatten über einen möglichen Mordanschlag, auch wenn dies mittlerweile zurückgewiesen wird. Im Gegensatz dazu steht das zweitlängste Pontifikat in der Geschichte, das Johannes Paul II. ausübte, der Medienpapst, der trotz Attentat und einer Vielzahl von Krankheiten lange Zeit dem Tode trotzte, bis er am 2. April 2005 verstarb - ein von der Öffentlichkeit verfolgtes Sterben mit enormer Anteilnahme. Den Abschluss bilden zwei Kapitel über die Heiligsprechung der Päpste und den Bezug zum Jüngsten Gericht.

Bewertung:

Bücher über Leben und Wirken der Päpste gibt es wie Sand am Meer - umso attraktiver ist da ein Werk, das den Fokus auf ihre letzten Stunden und die Zeit unmittelbar nach ihrem Tod legt. Der Autor Alois Uhl hat eine interessante Übersicht markanter Ereignisse zusammengestellt, die natürlich niemals vollständig sein kann, aber eine ausgewogene Mischung aus spektakulären Todesfällen und herkömmlichem Ableben darstellt.

~ Bunte und informative Mischung ~

Dabei arbeitet er sich chronologisch vor, vom frühen Mittelalter über das Renaissancezeitalter bis in die Gegenwart. Der Leser erfährt von Papstmördern und Schändungen nach dem Tod, von Konflikten mit Gegenpäpsten und einsamem Sterben in Gefängnissen. Auch wenn, gerade angesichts des Todes von Johannes Paul II., der dieses Thema wieder aktualisierte, inzwischen viele Details bekannt sind, ist es immer wieder interessant, über die zahlreichen Rituale und ihren Wandel im Verlauf der Zeit zu lesen.

So etwa die bis 1978 gültige Aufgabe des Camerlengos, des Kardinalkämmerers, der dreimal dem Verstorbenen mit einem Hämmerchen an die Stirn klopfte und ihn ansprach, um den Tod zu bestätigen, die Schriften des Zeremonienmeisters, die den Ablauf der Totenliturgie festlegen. Dabei kommen auch allerlei kuriose Vorfälle zur Sprache: Nach einer Tradition wurden nach dem Tod von Sixtus IV. seine persönlichen Gegenstände aus dem Sterbezimmer geräumt, mit der Folge, dass dem Zeremonienmeister kein Hemd zum Wechseln zur Verfügung stand, nicht einmal Tücher, um den gewaschenen Leichnam abzutrocknen. Noch härter traf es Alexander VI., gegen den der Zeremonienmeister einen persönlichen Groll hegte und der erst bestattet wurde, nachdem sein Körper bereits deutliche Verwesungsanzeichen aufwies.

~ Respektvoll, aber nicht unkritisch ~

Sehr angenehm liest sich der Tonfall, in dem das Werk verfasst ist. Der Autor befasst sich in respektvoller Weise, aber nicht unkritisch mit den Themen Kirche und Papsttum. Im Zentrum steht die Aussage, dass auch der Papst, »Seine Heiligkeit«, im Augenblick des Todes ein gewöhnlicher Mensch ist. So wie sich die Päpste menschliche Verfehlungen leisten, so bleiben sie auch nicht von menschlichen Leiden verschont. Sie erlebten schmerzhafte und einsame Tode, langwierige Krankheiten, lebensverlängernde Operationen, mühsame Genesungen, heimtückische Anschläge. Aufgeräumt wird mit dem Vorurteil des frommen und friedlichen Einschlafens, das längst kein Standard in der Geschichte des Papsttums ist.

Und selbst wenn kein spektakulärer Tod hinter dem Ableben steht, kann der falsche Umgang des Vatikans damit zu großen Turbulenzen führen, etwa im berühmten Fall des »lächelnden Papstes« Johannes Paul I., der zwar ohne Leid und Schmerzen im Schlaf verstarb, über dessen mögliche Ermordung jedoch noch heute wild spekuliert wird - dies auch weil der Vatikan die Umstände, etwa die scheinbar skandalöse Auffindung durch eine Nonne, vertuschte, was den Gerüchten nur noch mehr Auftrieb verschaffte.
Obgleich der Autor Theologe ist, richtet sich das Werk in Inhalt und Tenor keinesfalls speziell an Christen und Kirchenanhänger. Sachkundig, neutral und mit einem Sinn für das Amüsante und Lächerliche wird hier mit Mythen aufgeräumt und ein Blick hinter die sonst so verschlossenen Kulissen des Vatikans geworfen. Keine Anbiederung schmälert diese Informationen, dafür aber wird der Leser mit allerlei interessanten und aufschlussreichen Details versorgt, die das Werk zu einem Sachbuch machen, das man gerne immer wieder aus dem Regal nimmt.

~ Nur winzige Mängel ~


Ein paar Bilder mehr hätten es ruhig sein dürfen, vor allem um den Anblick der lebenden Päpste nochmals ins Gedächtnis zurufen. Noch bedauerlicher allerdings ist das Fehlen eines Registers am Ende. Zwar verfügt das Werk über eine chronologische Struktur, doch da man bei der Vielzahl der Päpste eine spezielle Auswahl treffen musste, wäre ein Namensregister sehr angebracht gewesen. Entsprechendes gilt für ein Stichwortregister, etwa um Schlagwörter wie »Camerlengo« und andere Begriffe auf Anhieb zu finden.

Fazit:


Es bleibt ein interessantes Sachbuch über die vielfältigen letzten Stunden der Päpste und die unmittelbare Zeit nach ihrem Tod, das mit Mythen abschließt und einen durchaus kritischen Blick hinter die Kulissen des Vatikans wirft. Den Leser erwartet eine informative Mischung aus kuriosen und alltäglichen Details aus zwei Jahrtausenden Geschichte des Papsttums.

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