30. September 2012

Ehrenwort - Ingrid Noll

Produktinfos:

Ausgabe: 2010
Seiten: 336
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Die Autorin:

Ingrid Noll wurde 1935 als Tochter eines Arztes in Shanghai geboren. Mit 14 Jahren siedelte ihre Familie nach Deutschland über, wo sie in Bonn Germanistik und Kunstgeschichte zu studieren begann. Erst im Alter von 55 Jahren veröffentlichte sie mit "Der Hahn ist tot" ihren ersten Roman, der sofort die Bestsellerlisten stürmte. Es folgten weitere erfolgreiche Werke, u.a.: "Die Apothekerin", "Die Häupter meiner Lieben", "Selige Witwen" und "Röslein rot". Mehrere ihrer Bücher wurden bereits verfilmt.

Inhalt:

Der verwitwete Willy Knobel ist trotz seiner neunzig Jahre noch recht gut beisammen. Das ändert sich schlagartig, als er auf dem Küchenboden stürzt und sich den Oberschenkelhals bricht. Nach der Operation geht es mit seiner Gesundheit und dem Lebenswillen steil bergab. Die Ärzte rechnen mit einem baldigen Tod, den er im Kreis seiner Familie erleben soll.

Und so nimmt ihn sein Sohn Harald auf Drängen von Ehefrau Petra und Sohn Max bei sich zuhause auf. Alle rechnen damit, dass Willy Knobel in wenigen Tagen friedlich einschlafen wird. Doch stattdessen erholt sich der alte Mann zusehends, auch dank der Zuwendung seines Enkels Max - diese ist wiederum nicht ganz uneigennützig, denn Max erhält von seinem Opa die Vollmacht über das Konto.

Der einst Sterbenskranke wird wieder munter, zwei Pflegerinnen unterstützen tatkräftig seine Genesung. Zum Entsetzen von Harald und Petra will Willy schon bald wieder auf Krücken gehen. Das geplante Erbe scheint warten zu müssen, zudem sorgt Willys Anwesenheit für zunehmend Streit im Haus. Harald und Petra schmieden finstere Pläne, wie man das Ableben des alten Mannes, der doch eigentlich schon tot sein sollte, unauffällig beschleunigen kann. Unterdessen bändelt Max mit der hübschen Pflegerin Jenny an, nichtsahnend, dass sie eine dunkle Vergangenheit besitzt ...

Eine schrecklich nette Familie

Familienbande bedeutet bei Ingrid Noll fast immer mörderische Aktivitäten. Mit viel schwarzem Humor, wie es ihre Art ist, kombiniert sie hier eine Krimihandlung mit alltäglichen Problemen. Daraus entsteht ein durchweg amüsanter Roman, der allerdings nicht ganz die Klasse der Vorgänger und vor allem der ersten Werke erreichen kann. Gelungen ist das Buch dennoch über die weitesten Strecken, vor allem liest es sich so flott runter, dass man die gut 300 Seiten in ein, zwei Tagen schaffen kann. Für Spannung ist auch gesorgt, wenngleich man diese natürlich nicht mit der in einem Psychothriller vergleichen kann.

Dennoch: Es ist, wie immer bei Ingrid Noll, nicht vorherzusehen, wer alles im Verlauf der Handlung sein Leben lassen wird, ob am Ende überhaupt jemand glücklich wird. Klar ist eigentlich nur, dass ausgerechnet der neunzigjährige Willy Knobel sicher nicht der Erste sein wird, der hier stirbt, wenn er überhaupt sterben sollte. Stattdessen laufen die schön durchdachten Mordmethoden schief und treffen im schlimmsten Fall die Falschen. Recht spannend ist auch Max' Geheimnis, weshalb er so dringend auf Opas Geld angewiesen ist, das sich erst ganz allmählich lüftet. Witzig wird es vor allem dank der ständigen Reibereien der Familienmitglieder untereinander, die schön die Realität parodieren und besonders dank Willy Knobel - der rüstige Akademiker hat stets den passenden lateinischen Spruch paart, um eine Situation zu kommentieren und schwankt zum Vergnügen des Lesers und zum Leid seiner Familie zwischen guter Laune, Verwirrung und Kasernenton.

Bei allem kriminalistischen Vergnügen ist der ernste Hintergrund, der hier grotesk und überzogen aufgezeigt wird, interessant: Es ist nichts Neues, dass schwerkranke, alte Angehörige in der Familie oft für Streit und Kummer bei den Angehörigen sorgen. Opa Knobel will nicht in ein Heim abgeschoben werden, das ohnehin, wenn es seinen Ansprüchen genügen sollte, recht teuer käme, für die Familie ist es allerdings eine große Umstellung, den widerspenstigen Alten plötzlich im Haus zu haben. Je mehr sich der alte Herr erholt, desto energischer äußert er seine Wünsche.

Auseinandersetzungen mit ihm sind unerfreulich, enterbt werden will erst recht keiner der Angehörigen. Also beißt man in den sauren Apfel und hofft insgeheim, dass der Alte nicht mehr lange auf der Erde weilt. Bei Ingrid Noll liegt es dann nah, dass tatkräftig mitgeholfen wird, um das Ende zu beschleunigen, aber das Grundproblem mit all den Konflikten, die es mit sich bringt, wenn plötzlich der pflegebedürftige Vater/Schwiegervater/Großvater in den eigenen vier Wänden lebt, wird gleichfalls interessant aufbereitet. Harald Knobel hat schon längst kein gutes Verhältnis mehr zu seinem Vater und macht sehr widerwillig eine halbwegs gute Miene zum bösen Spiel. Ehefrau Petra hat anfangs darauf gedrängt, den alten Mann ins Haus zu holen, das allerdings im Glauben, er würde ohnehin nur noch eine Woche leben. Für die Eltern erstaunlich positiv steht Sohn Max all dem gegenüber - sie ahnen nicht, dass er wegen einer Erpressung dringend auf Opas Spendierhosen angewiesen ist und den alten Mann nicht nur aus Zuneigung umhegt.

Dass das Buch trotz all dieser Zutaten nicht zu Nolls besten Werken zählt, liegt an mehreren Faktoren. Vor allem sind die Charaktere, mit Ausnahme des knorrigen Willy Knobel, ungewohnt blass geraten und ihre Verhaltensweisen erscheine nicht immer plausibel. Wenn in "Der Hahn ist tot" oder "Die Häupter meiner Lieben" die Ich-Erzählerinnen zu Mörderinnen wurden, dann waren das zwar absurde Situationen, die aber aus der Handlung heraus nachvollziehbar waren. Dort wurde gehadert und abgewägt und aus Verzweiflung gehandelt - wenn hier dagegen Harald Knobel überlegt, seinem Vater Gift zu geben, wirkt das unglaubwürdig. Auch wenn Harald seinem Vater nicht gerade nahesteht, ist es nicht nachvollziehbar, dass er ihn tatsächlich lieber gestern als heute tot sehen würde, das Verhältnis der beiden bietet nicht genug Zündstoff, damit man Harald diese Denkweise abnimmt.

Auch Haralds Frau Petra ist eine recht unscheinbare Figur. Kurzzeitig wird sie interessant, als ihr Geliebter ins Spiel kommt und sie selbst mörderische Aktivitäten zeigt, aber das kommt insgesamt zu kurz. Der zwiegespaltene Max ist dagegen wieder besser gelungen, einerseits auf das Erbe des Opas bedacht, andererseits dem Alten tatsächlich recht zugetan, aber die Geschichte mit Jenny, die erst so brisant ist, verläuft am Schluss einfallslos im Sande. Überhaupt wirkt das Ende etwas lieb- und ideenlos, geradezu uninspiriert, wie man es von der Autorin eigentlich nicht kennt.

Fazit:

Knappe vier Sterne für diesen Krimi, der grundsätzlich gut unterhält und vor allem durch seinen ironischen Humor überzeugt. Das Thema ist interessant und das Buch liest sich schnell, kann aber nicht ganz an frühere Werke anknüpfen, die die Charaktere teilweise zu blass sind und das Ende zu unspektakulär ist.

Die Schandmaske - Minette Walters

Produktdetails:

Ausgabe: 1996
Seiten: 407
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Die Autorin:

Minette Walters, geboren 1949 in Hertfortshire, machte zunächst einen Abschluss in Französisch, ehe 1992 ihren Debütroman "Im Eishaus" veröffentlichte, der gleich ein Erfolg wurde, ebenso wie ihre weiteren Krimis wie "Die Bildhauerin", "Die Schandmaske" und "Dunkle Kammern".

Inhalt:


Die wohlhabende fünfundsechzigjährige Mathilda Gillespie wird tot in ihrer Badewanne aufgefunden. Sie hat eine hohe Dosis Schlafmittel in sich und die Pulsadern aufgeschnitten. Unheimlich ist allerdings die mittelalterliche metallische Schandmaske, die sie auf dem Kopf trägt und die mit Wildblumen dekoriert ist. Zunächst sieht alles wie ein dramatisch inszenierter Selbstmord aus, da keine Fremdeinwirkung erkennbar ist.

Sergeant Cooper irritiert allerdings das Fehlen eines Abschiedsbriefes. Auch Mathildas Ärztin Sarah Blakeney kann sich keinen Selbstmord vorstellen, auch wenn ihre Patientin stark unter Arthritis gelitten hat. Das Testament sorgt schließlich für eine große Überraschung: Weder Mathildas Tochter Joanna noch ihre Enkelin Ruth werden mit dem Vermögen oder dem Haus bedacht. Stattdessen erbt zu ihrer eigenen Überraschung Sarah Blakeney alles.

Nun rückt Sarah in den Mittelpunkt der Ermittlungen. Sie muss sich nicht nur vor dem Dorfklatsch schützen, sondern auch mit der wütenden Joanna auseinandersetzen, die das Testament anfechten will. Auch Joanna und Ruth werden verdächtigt, da sie die ursprünglichen Erben waren. Zudem offenbart sich Mathildas dunkle Vergangenheit, die noch anderen Personen ein Motiv gibt ...

Ophelia mit Vogelkäfig

In ihrem dritten Krimi greift Minette Walters wieder einmal ihre bewährten Zutaten auf: Verworrene Familienverhältnisse, düstere Geheimnisse der Vergangenheit, ein Widerspruch zwischen schönem Schein und der Wahrheit hinter der Fassade und komplizierte Beziehungsgeflechte. Hauptfigur ist die Hauptverdächtige Sarah Blakeney, bei der der Leser aber von Anfang an weiß, dass sie unschuldig ist. Sowohl Joanna als auch ihre Tochter sind verdächtig und erscheinen dem Leser beide zunächst recht unsympathisch - die hübsche, aber offenbar drogensüchtige Joanna, die ihre Schönheit gezielt einsetzt, um Männer zu verführen auf der einen Seite und auf der anderen Seite Ruth, die sich mehrfach heimlich am Geld der Großmutter bediente. Erst nach und nach lernt man ihre Charaktere besser kennen, vor allem Ruth erhält ein sehr viel differenzierteres Bild und der anfängliche Verdacht gerät ins Schwanken.

Ein großer Reiz der Handlung liegt in den knappen Tagebuchauszügen, die jedem neuen Kapitel vorangestellt sind. Der Leser erhält ein, manchmal auch zwei oder drei Seiten aus Mathildas inzwischen vernichteten Tagebüchern, die die Abgründe ihrer Familiengeschichte aus Mord und Inzest andeuten und Einblicke in ihren sehr facettenreichen Charakter gewähren. Obwohl Mathilda zu Beginn der Handlung bereits tot ist, lernt der Leser sie durch diese Einträge ein wenig kennen. Originell ist vor allem, dass die Protagonisten diese Tagebücher nie in die Hand bekommen, da sie bereits verbrannt wurden und der Leser somit mehr über Mathilda weiß als so manche Hauptfigur.

Sarah Blakeney ist eine ziemlich vielschichtige Hauptfigur, die daher für den Leser schnell interessant wird. Zunächst erscheint sie vor allem als bemühte Ärztin, die auf ihre Patienten eingeht und die von dem Erbe vollkommen überrascht wird - dass sie eine der ganz wenigen Personen war, die mit der streitlustigen Mathilda auskamen, spricht für sie. Kompliziert ist ihr Verhältnis zu ihrem Mann. Jack ist ein selbstbewusster, charismatischer Künstler, den sie der Untreue verdächtigt. Er lehnt es ab, seine Bilder zu einem niedrigen Preis zu verkaufen, auch wenn das bedeutet, dass er seit Jahren komplett auf Kosten seiner Frau lebt. Er ist ein charmanter, humorvoller aber auch zynischer Mann, dessen Reiz auch Mathilda erlag, die er malen durfte. Kurioserweise verteidigt Sarah Blakeney seine Kunst vehement und lässt nichts auf sein Talent kommen, obwohl sie sich gleichzeitig vorübergehend von ihm trennt und ihm Untreue und Egoismus unterstellt. Dieses etwas seltsame Verhältnis der beiden ist gewöhnungsbedürftig. Insgesamt dominieren die komplizierten Beziehungsgeflechte auch ein bisschen zu sehr und sind teilweise interessanter als die Suche nach dem Mörder, was für einen Krimi natürlich unpassend ist.

Ein bisschen blasser als erhofft ist auch der routinierte, bereits etwas ältere Sergeant Cooper. Nachdem er sich im Laufe der Ermittlungen eingesteht, dass er sich, obwohl eigentlich glücklicher Familienvater, ein wenig in Dr. Blakeney verliebt hat, erwartet man, dass er ein wenig mehr in den Fokus rückt, was dann aber nicht geschieht. Ein bisschen zu einfach wird dann schließlich der der Mörder entlarvt, da wäre ein bisschen mehr Finesse gefragt gewesen.

Fazit:

Ein gelungener Krimi mit recht interessanten Figuren, der gut unterhält. Zeitweise tritt allerdings die Mördersuche etwas in den Hintergrund und das Buch erscheint eher als eine Art Familiendrama. Kein Lesemuss für Krimifans, aber durchaus empfehlenswert.

TKKG: UFOs in Bad Finkenstein - Stefan Wolf

Produktinfos:

Ausgabe: 2004
Seiten: 192
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Der Autor:

Stefan Wolf, eigentlich Rolf Kalmuczak, wurde 1938 in Nordhausen geboren und starb 2007. Nach dem Studium der Germanistik widmete er sich dem Schreiben. Bis heute hat er mehr als 2700 Werke verfasst, darunter Jugendbücher, Krimis, Heftromane und Drehbücher. Er war unter anderem als Autor der Jerry Cotton-Reihe und als freier Mitarbeiter beim "Stern" tätig. Die TKKG-Reihe ist neben den "drei Fragezeichen" eine der erfolgreichsten Jugendbuchreihen überhaupt. Ebenso populär wie die Bücher sind auch die dazugehörigen Hörspiele. Eine weitere Reihe dieser Art des Autors ist die Serie: "Tom und Locke".

TKKG ist die Abkürzung der Anfangsbuchstaben des Freundequartetts, das aus Tarzan, Karl, Klößchen und Gaby besteht. Die vier sind 13 Jahre alt und halten zusammen wie Pech und Schwefel. Tarzan heißt eigentlich Peter Carsten, doch wegen seiner Athletik nennt man ihn nur wie den Urwaldhelden. Tarzan ist nicht nur ein exzellenter Sportler, vor allem was Kampfsport betrifft, sondern auch intelligent und hilfsbereit. Karl trägt den Spitznamen "Computer", weil er dank seines unglaublichen Gedächtnisses über fast jedes Thema einen Vortrag halten kann. Der etwas begriffsstutzige Klößchen heißt eigentlich Willi, doch wegen seiner rundlichen Figur hat er den liebevollen Spitznamen weg. Sein Vater ist ein millionenschwerer Schokoladenfabrikant und Schokolade ist daher seine Lieblingsspeise. Gaby ist die Tochter eines Kriminalkommissars und wird wegen ihrer Tierliebe "Pfote" genannt. Gaby ist so hübsch, dass fast alle Jungs der Schule mit ihr gehen wollen, aber ihr Herz gehört Tarzan. Tarzan und Klößchen wohnen während der Schulzeit im Internat, Karl und Gaby besuchen die Schule als Externe, die nach dem Unterricht wieder nach Hause fahren.

Inhalt:

Tarzan und Gaby wollen mit ihrer Schulfreundin Kathie abends ins Kino gehen. Als Kathie nicht erscheint, sucht Tarzan nach ihr - und findet sie bewusstlos im Park. Auch Kathie ist ein Opfer des berüchtigten "Haarjägers" geworden, der seit Monaten sein Unwesen treibt. Junge Frauen und Mädchen werden überfallen, betäubt und ihre Haare werden radikal abgeschnitten. Kathie weiß nur noch, dass der Täter stark nach Knoblauch roch.

Als Tarzan kurz danach erneut den Tatort besucht, wird er in der Dunkelheit niedergeschlagen. Einer der Männer riecht verdächtig nach Knoblauch. Tarzan findet eine Spur, die auf Bad Finkenstein hinweist, offenbar die Heimat der Haarjäger. Anstatt die Polizei zu informieren beschließen die Freunde, erst einmal auf eigene Faust dort nach den Tätern zu suchen, da Tarzan die Rechnung gerne persönlich begleichen möchte.

Das kleine Kurörtchen Bad Finkenstein wiederum geht seit einiger Zeit wegen angeblicher UFO-Sichtungen durch die Presse. Auch ein amerikanischer Science-Fiction-Film wird dort gerade gedreht. Die TKKG-Freunde fahren dorthin und wollen unauffällig die Täter suchen. Zugleich treffen sie dort auch den Weltraumforscher Professor Oberthür, den sie für die Schülerzeitung interviewen wollen. Kurz darauf wird der Professor kurzzeitig entführt. Er erinnert sich an silberne Roboter und ein Raumschiff ...

Haarjäger und Außerirdische


Mit allen möglichen Schurken hat es die TKKG-Bande schon zu tun bekommen, nun also auch mal mit angeblichen Außerirdischen. Der Titel des 15. Bandes der Reihe klingt recht interessant, halten kann er dann dieses Versprechen freilich nicht. Die Handlung vermischt zwei Stränge, die nichts miteinander zu tun haben, außer dass beide mit Bad Finkenstein verbunden sind - die mysteriösen Haarjäger und die Außerirdischen. Die Geschichte mit den Haarjägern ist nicht ohne Reiz. Zwar ist es objektiv kein so dramatisches Vergehen wie beispielsweise die Entführungen, die es in anderen Bänden schon gegeben hat - aber für junge Frauen und Mädchen, die stolz auf ihre hüftlange, gepflegte Haarpracht sind, ist es kaum weniger schlimm als Körperverletzung, wenn sie plötzlich mit Stoppeln aufwachen.

Dieser Strang vermischt sich dann alsbald mit den angeblichen Außerirdischen, denn beides hat seinen Ursprung in Bad Finkenstein. Es sei aber vorweggenommen, dass wiederum beide Sachen nichts miteinander zu tun haben. Der Handlungsstrang um die UFOs ist leider verschenktes Potential. An keiner Stelle kommt Grusel auf oder eine mysteriöse Atmosphäre, für die TKKG-Freunde besteht nie Zweifel, dass alles ein Schwindel ist. Ein bisschen unheimlich hätte man das Thema schon gestalten können, stattdessen wirkt alles ziemlich belanglos. Das Motiv hinter dieser Inszenierung ist dem Leser auch fast von Anfang an schon klar. Es gibt keine Überraschungen, alles entwickelt sich so, wie man es auch sofort vermutet hat.

Zudem gibt es ein paar Stellen, die ungeschickt formuliert sind. Wenn der Erzähler etwa beschreibt, dass eine Dame eine Haut wie ein rosa Wackelpudding hat, klingt das ziemlich seltsam. Die Personenbeschreibung ist wieder einmal auch sehr oberflächlich geraten, wie in vielen TKKG-Bänden sieht man den Leuten offenbar sofort an, wie ihr Charakter ist. Da genügt das Erscheinen einer jungen Frau, um festzustellen, dass sie "hübsch, aber doof" aussah, noch bevor sie irgendein Wort gesagt hat. Gerade in einem Kinder- und Jugendbuch ist es nicht gerade vorteilhaft, wenn die Charaktere alle anhand ihres Aussehens sofort in eine Schublade gesteckt werden, denn im wirklichen Leben kann man damit gehörig auf die Nase fliegen.

Gerechtigkeitsfanatiker Tarzan, der ja gewöhnlich immer auf korrektes Verhalten bedacht ist, sagt gegen Ende, dass es ihn "juckt, dem Kerl die Knochen zu verbiegen", der ihn niedergeschlagen hat, auch nicht besonders schön, nachdem er ja sonst immer predigt, dass er seine Kampfkünste nur zur Notwehr einsetzt. Gewalt wird von Tarzan zwar einerseits immer verurteilt, andererseits merkt man ihm doch an solchen Szenen an, dass er gar nicht unwohl dabei fühlt. Etwas fragwürdig ist die Szene, in der Tarzan in Windeseile eine Schusswaffe entlädt. "Er konnte damit umgehen", heißt es vom Erzähler - warum ein Dreizehnjähriger mit einer Pistole umzugehen weiß, wird allerdings nicht erläutert. Alles in allem ein unterdurchschnittlicher Band, der kaum etwas hat, das das Lesen lohnt.

Fazit:

Nur zwei Sterne und keine Empfehlung für den 15. TKKG-Band von mir. Eine vorhersehbare Handlung ohne große Spannung, stereotype Charaktere, eine teils fragwürdige Moral - da gibt es auch innerhalb der Reihe bessere Bände.

Fear Street - Falsch verbunden - R. L. Stine

Produktinfos:

Ausgabe: 2003
Seiten: 152
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Der Autor:

Robert Lawrence Stine, geboren 1943 in Ohio, lebt seit 1965 in New York City, und arbeitete zunächst als Lektor. Die ersten Bücher waren im Bereich Humor angesiedelt, seit 1986 aber hat sich R. L. Stine jedoch ganz den Gruselgeschichten verschrieben. Am bekannteste ist seine Kinder- und Jugendbuchreihe "Gänsehaut", die auch als Serie verfilmt wurde.

Inhalt:


Die Freundinnen Deena und Jade verbringen den letzten Feriensamstag zuhause mit Gesprächen und einem Beautyprogramm. Deena erzählt dabei, dass demnächst ihr Halbbruder Chuck zu ihnen ziehen wird. Er stammt aus der ersten Ehe ihres Vaters und sie hat ihn bisher nur wenige Male gesehen. Besonders erfreut ist sie aber nicht darüber, denn Chuck scheint oft in Schwierigkeiten zu geraten und ist nun von seiner Schule geflogen.

Als sie Chuck Tage darauf zu ihnen zieht, fühlt sich Deena anfangs in ihren Befürchtungen bestätigt. Chuck ist recht schweigsam und reagiert kaum auf ihre Versuche, ihn etwas aufzumuntern und aus der Reserve zu locken. In der Schule gerät er auch schon bald in einen handfesten Streit. Allerdings zeigt er auch manchmal sympathische Seiten und Deena bemüht sich um ein gutes Verhältnis.

Seit Kurzem machen Deena und Jade ab und zu Telefonspiele. Deena kann kostenlos telefonieren, da ihr Vater bei der Telefongesellschaft arbeitet und Jade überredet sie, ihren heimlichen Schwarm Rob mit verstellter Stimme anzurufen. Als Chuck das mitbekommt, will er mitmischen. Seine Telefonspiele sind aber weit weniger harmlos, etwa als er sich als Terrorist ausgibt und ein Gebäude geräumt wird. Noch brenzliger wird es, als Chuck schließlich in der gefürchteten Fear Street anruft, wo immer wieder unheimliche Dinge geschehen. Die Frau am anderen Ende schreit in Todesangst und fleht um Hilfe. Deena, Chuck und Jade sind verunsichert und suchen die Adresse auf - wo sie die Leiche der gerade ermordeten Frau finden ...

The person you have called is temporarily not available

In der Fear Street geschehen, Nomen est Omen, ständig grausige Dinge und man sollte sie am besten weder aufsuchen noch auch nur dort anrufen - aber Chuck will sich nicht daran halten und schon stecken er und die Mädchen in einem ziemlichen Schlamassel. Gelungen ist vor allem die Darstellung von Chuck. Der Leser weiß anfangs ebensowenig wie Deena, was von ihm zu halten ist und ob man ihm trauen kann oder nicht. Deena erzählt zwar von seiner kriminellen Vergangenheit, doch in was er genau verwickelt war und warum er seine Schule verlassen musste, bleibt im Dunkeln. Chuck verhält sich zwiespältig, mal sehr wortkarg und eher finster, mal ist er aber auch hilfsbereit und umgänglich. Jade ist recht angetan von seiner mysteriösen Art, das will allerdings nichts heißen, denn für Jade sind die meisten Jungs und Männer interessant und mit ihrer Menschenkenntnis ist es nicht so weit her.

Deenas Unsicherheit, was sie von ihrem Bruder halten soll, ist daher gut nachzuvollziehen und es ist ganz reizvoll, dass die drei Protagonisten nicht einfach gute Freunde sind, sondern eben einer von ihnen noch nicht wirklich ein Vertrauter ist. Auch die Entartung eines anfangs als harmlos gedachten Telefonstreiches ist eine gute Idee. Das Spiel der Mädchen hat noch nichts Gefährliches an sich, Chucks Streiche sind dann schon ein ganz anderes Kaliber und es wird recht gut dargestellt, wie Deena zwischen den Stühlen hängt - Jade ist nämlich begeistert von Chucks Ideen und reagiert patzig, als die Freundin sie darauf anspricht, dass sie mit diesem Spiel aufhören müssen. Dass sie dann in einen Mord hineingeraten, konnte natürlich niemand ahnen, trotzdem steckt hier auch die kleine Moral drin, dass Streiche ein durchaus ernstes Ende nehmen können.

Während der erste Teil des Romans noch recht überzeugend ist, kann der zweite Teil nicht so sehr daran anknüpfen. Das größte Manko liegt darin, dass der Leser viel zu früh weiß, wer der Mörder ist. Von Raffinesse oder überraschenden Wendungen ist hier nichts zu merken, es geht allenfalls darum, dass es den Mädchen gelingt, ihm zu entkommen und ihn zugleich zu überführen. Mehrere Verdächtige einzuführen hätte sicherlich einen größeren Reiz gehabt. Ironischerweise wird es in anderen Bänden durchaus mal ein bisschen mit den verdächtigen Personen übertrieben und es wirkt gezwungen, dass so ziemlich jede Figur im Umfeld der Hauptfigur ein Mordmotiv hat - aber dass es so einfach ist wie hier, den Mörder zu erkennen, ist auch nicht das Wahre. Ziemlich dämlich ist es auch von den drei Jugendlichen, nach dem verstörenden Telefonat überhaupt zu dieser Adresse zu fahren, anstatt alle Ermittlungen direkt der Polizei zu überlassen.

Natürlich gibt es am Ende den obligatorischen Showdown, aber auch das hat man innerhalb dieser Reihe schon besser gelesen und wirkt ein bisschen konstruiert. Am Schluss gibt es zwar noch eine kleine Pointe, aber auch die kann nicht recht überzeugen und reißt nichts mehr heraus. Nach dem vielversprechenden Beginn flacht die Handlung also ab und so ist das Buch insgesamt nur durchschnittlich, wenngleich als leichte, anspruchslose Lektüre nicht ungeeignet. Das Buch lässt sich problemlos an einem Abend durchlesen und ist mit der einfachen Sprache und den kurzen Kapiteln sicher auch für weniger lesefanatische Jugendliche leicht zu bewältigen.

Fazit:


Nicht der beste Roman der Fear Street-Reihe, aber auch kein Reinfall. Alles in allem kann er interessante Charakterisierungen bieten und ein reizvolles Thema, aber bei der Mörderjagd hapert es mit fortschreitender Handlung immer mehr. Kann man lesen, muss man nicht.

29. September 2012

Die drei Fragezeichen - Das leere Grab

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Inhalt:

Justus erhält verstörende Neuigkeiten von Mr. Hitfield, einem Bekannten aus einem früheren Fall. Mr. Hitfield machte kürzlich Urlaub in Venezuela und traf in Suerte auf ein Ehepaar namens "Jonas", das aus Kalifornien stammt. Als er sie auf ihre eventuelle Verwandtschaft mit Justus ansprach, wurden sie unruhig und gingen ihm von da an aus dem Weg. Nicht nur die Vornamen der beiden stimmen mit Justus' Eltern überein, sondern auch das Foto der Frau hat Ähnlichkeit mit seiner Mutter.

Justus ist völlig verwirrt. Obwohl seine Eltern nie gefunden, sondern nach einem Flugzeugabsturz nur vermisst und später für tot erklärt wurden, hat niemand je an ihrem Tod gezweifelt. Er will unbedingt Klarheit haben und beschließt daher, sofort nach Venezuela zu reisen, um Mr. und Mrs. Jonas kennenzulernen. Peter und Bob versuchen, ihm diesen Plan auszureden, aber vergebens. Am nächsten Tag ist Justus abgereist und meldet sich kurz per Telefon aus Caracas.

Justus will mit dem Auto nach Suerte fahren, die Verhandlungen beim Autoverleih scheitern jedoch, da er zu jung ist. Glücklicherweise lernt Justus den netten Jason Jackson, genannt JJ, kennen, der ebenfalls nach Suerte möchte, und teilt sich mit ihm einen Wagen. Auf der Fahrt in die gefährliche Diamantenstadt erleiden sie eine Panne im tropischen Regenwald. Ein Amerikaner hält an und hilft ihnen, wieder frei zu kommen. Er stellt sich als Mr. Jonas vor ...

Gestatten: Mr. und Mrs. Jonas

Justus Eltern sind am Leben - oder doch nicht? Diese Episode gehört eindeutig zu den Ausnahmefällen der drei Fragezeichen und steht unter einem ungewöhnlich persönlichem Charakter.

~ Spannend und einfühlsam ~

Normalerweise sind es eher unpersönliche Fälle, bei denen sich die drei Fragezeichen für ihre Auftraggeber bemühen - diesmal ist es in Justus' ureigenem Interesse, den Fall zu lösen. Auch für den Hörer stellt sich natürlich die spannende Frage, um wen es sich bei dem mysteriösen Ehepaar Mr. und Mrs. Jonas handelt. Es ist unwahrscheinlich, dass es sich um einen reinen Zufall handelt, aber dass Justus Eltern den Absturz überlebt und sich viele Jahre nicht gemeldet haben, kann man sich ebenso wenig vorstellen. Für zusätzliches aufregendes Flair sorgt der Schauplatz Venezuela, an dem der Großteil der Geschichte spielt. Justus spricht nur ein paar Brocken Spanisch und reist ausgerechnet in die berüchtigte Diamantenstadt Suerte, den gefährlichsten Fleck im Land, und noch dazu so spontan, dass er sich gar nicht auf die Reise vorbereitet hat. Bereits die Autofahrt durch den Dschungel wird dank tropischer Regenfälle und giftiger Tiere wie Skorpione zu einem kleinen Abenteuer. Eine weitere interessante Gestalt ist Jason Jackson, genannt JJ, der zu Justs Begleiter wird. Er macht einen freundlichen und offenen Eindruck, dennoch weiß Justus zunächst nicht, ob er ihm alles anvertrauen darf.

Des Weiteren erfährt man in dieser Folge endlich einmal die näheren Hintergründe zum Tod von Justus' Eltern. Grundsätzlich fühlt er sich so wohl bei Onkel Titus und Tante Mathilda, dass man fast vergessen kann, dass er Waise ist und es eine Zeit gab, in der er noch nicht bei ihnen lebte. Besonders ist vor allem, dass Justus hier ausnahmsweise nicht von seiner rationalen Seite gezeigt wird. Normalerweise ist er bekannt für seine Vernunft, für seine ausführlichen Überlegungen und wohldurchdachten Entschlüsse. Hier jedoch stößt er seine Familie und seine Freunde mit seinen Handlungen vor den Kopf, indem er die Schule schwänzt, die Unterschrift seines Onkels für eine Beurlaubung fälscht und Hals über Kopf nach Venezuela fliegt, ohne einen genauen Plan zu haben, wie er seinen vermeintlichen Eltern gegenübertreten will. Justus selbst gesteht, dass es ihn verwirrt, diesmal nicht wie sonst seiner Logik vertrauen zu können - für die Hörer ist es aber eine angenehme Abwechslung, auch einmal einen verunsicherten, gefühlsbetonten Justus Jonas zu erleben.

~ Gute Sprecher ~


Manfred Steffen spricht leider nur eine kleine Rolle, kann aber wie üblich überzeugen. Der Theaterschauspieler sprach bereits in diversen anderen Drei-Fragezeichen-Hörspielen, ebenso öfter bei TKKG und besitzt eine feste Rolle in der Serie "Lady Lockenlicht". Er sprach in einer Reihe Hörspieladaptionen bekannter Werke mit, etwa "Der Name der Rose" oder "Der Herr der Ringe", und lieh Katzenhalter Gustav in der Verfilmung "Felidae" die Stimme. Auch Wolfgang Kaven begegnete man schon mehrfach bei den drei Fragezeichen, zudem ist er Erzähler bei TKKG und taucht öfter in diversen Jugendserien auf, beispielsweise bei den Fünf Freunden, Gänsehaut und Larry Brent.

~ Kaum Mankos ~


Auch wenn es ein paar actionreiche Szenen in der Handlung gibt, ist es doch eine ungewohnt nachdenkliche Folge, sicher zu nachdenklich und melancholisch, vielleicht gar rührselig für die Hörer, die lieber die klassischen Rätselfolgen mögen. Es ist ein zweischneidiges Schwert, das Privatleben der Figuren in den Mittelpunkt zu stellen. Viele Fans freuen sich über solche Zusatzinfos, aber ebenso viele fühlen sich eher genervt, wie auch im Fall der Morton-Folge "Tödliche Spur", da sie es als Einfallslosigkeit der Macher deuten, die sich bei den Figuren bedienen.

Überdies wurde ein kleiner zeitlicher Logikfehler eingebaut. Mittags findet Tante Mathilda den Brief von Justus und erfährt, dass soeben eine Maschine nach Venezuela gestartet sei - und kaum eine Minute später ruft Justus aus Venezuela an, der auch noch seit einer halben Stunde versucht hat, durchzukommen, was zeitlich natürlich nicht zusammenpasst.

Enttäuschend für viele ist wahrscheinlich auch, dass Bob und Peter kaum Auftritte haben, zumal Justus sowieso recht häufig im Mittelpunkt steht und gern Fälle fast im Alleingang löst. Ein weiterer Punkt ist die unzureichende Erklärung, um wen es sich bei Albert Hitfield handelt. Sein früherer Auftritt liegt mit Folge 31, "Das Narbengesicht", immerhin fast 40 Folgen zurück, und sein Name ist längst nicht jedem Hörer ein Begriff. Letzter Punkt ist das etwas konstruierte Ende, bei dem Justus eine Extraportion Glück hat.

Fazit:

Eine ungewohnt gefühlvolle Folge, die sich eingehend Justus und dem Schicksal seiner Eltern widmet. Der exotische Schauplatz Venezuela sorgt für zusätzliche Spannung. Absolut untypischer, aber gelungener Fall mit nur sehr wenigen Schwächen.

Sprechernamen:


Justus Jonas: O. Rohrbeck
Peter Shaw: J. Wawrczeck
Bob Andrews: A. Fröhlich
Mr. Hitfield: M. Steffens
Mathilda Jonas: K. Lieneweg
Titus Jonas: H. Meinhardt
JJ: G. Reisch
Julius Jonas: W. Kaven
Cathryn Jonas: A. Moll
Erzähler: M. Fuchs

Die drei Fragezeichen - Der Karpatenhund

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Inhalt:

Mr. Prentice beauftragt die drei Detektive, da er überzeugt ist, dass es bei ihm spukt. Obwohl sein Apartment einbruchssicher ist, werden in seiner Abwesenheit dort Dinge verändert und er sieht unerklärliche Blitze. Als die Jungs die Wohnung besichtigen, wird in der Wohnung eines kürzlich verstorbenen Nachbarn eingebrochen, der Dieb flüchtet. Die Beute ist eine Wolfsskulptur aus Kristall, die für Mr. Prentice geschaffen wurde. Die Jungen beschließen, beide Fälle parallel zu bearbeiten.

Bald darauf werden auch die drei Detektive Zeuge der seltsamen Lichtblitze. Justus und Bob rennen nach draußen und verfolgen eine Gestalt, die in die Kirche flüchtet. Dort werden die beiden niedergeschlagen und eingesperrt, bis sie der Pfarrer befreit. Justus vermutet, dass der Dieb die Hundefigur zuerst in der Kirche versteckte und sie ihn nun beim Versuch, die Beute zurückzuholen, überraschten. Kurz danach ruft der Dieb bei Mr. Prentice an. Er will 10.000 Dollar als Lösegeld für den Hund, und Mr. Prentice ist aus Angst um die Skulptur bereit, darauf einzugehen.

Die drei Detektive ziehen in Mr. Prentice Apartment ein und beschatten den Hof mit einer Kamera, da sie den Dieb unter den Anwohnern vermuten. Da sind z. B. die neugierige Mrs. Boogle, der Börsenmakler Mr. Murphy, die begeisterte Schwimmerin Miss Chalmers, der alternative Indienfreund Sonny Elmquist und der Katzenmann Mr. Hassel. Als eine Serie von Anschlägen auf die Bewohner beginnt, ahnen die drei Jungen, dass dahinter der Dieb steckt, der aus irgendeinem Grund alle Anwohner vertreiben will ...

Wer hat den Hund geklaut?

Ein grimmig dreinschauender Wolfshund auf dem Cover sowie der Titel lassen eine gruselige Folge vermuten - zu Unrecht, denn das Hundetier taucht nur in Form einer Glasskulptur auf. Dennoch gehört diese Folge zu den besten der inzwischen weit über hundert Episoden langen Drei-Fragezeichen-Reihe.

~ Spannendes Täterraten ~

Alles beginnt wie ein mytischer Fall für die drei Fragezeichen, denn ihr Auftraggeber Mr. Prentice weiß keine Erklärung für die eigenartigen Lichtblitze, die er regelmäßig in seinem Apartment sieht. Kurz darauf ereignet sich der Diebstahl der Kristallskulptur, und die drei Jungs ahnen schnell, dass die beiden Fälle zusammenhängen, schließlich ist auch hier Mr. Prentice der Geschädigte. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass der Täter aus einem der umliegenden Apartments stammt - doch das ist noch keine große Hilfe, denn es gibt hier eine ganze Reihe von Verdächtigen. Da ist die neugierige Verwalterin Mrs. Boogle, die zum Ärger aller Anwohner jede Gelegenheit zum Schnüffeln nutzt. Sie kontrolliert die Post, beobachtet jeden Ein- und Ausgang im Haus und durchsucht angeblich sogar die Mülltonnen, um alles über ihre Nachbarn zu erfahren, und ist daher nicht gerade die beliebteste Bewohnerin.

Der junge Sonny Elmquist ist ebenfalls eine seltsame Gestalt. Nachts arbeitet er im Supermarkt, um dort in freien Momenten alles über Meditation und Buddhismus zu lernen. Zwar behauptet er, dass ihm jegliche Besitztümer nicht wichtig sind und er am liebsten ohne jede Bedürfnisse leben möchte, aber die drei Detektive werden dadurch misstrauisch, dass er auf Mr. Prentice schimpft. Zudem spart er für eine Indienreise, weil er sich dort einen Guru suchen will, und er könnte das Geld, das sich mit der Kristallfigur erpressen lässt, sicher gut gebrauchen. Noch seltsamer ist der Katzenmann Mr. Hassel, der so genannt wird, weil er sich eine ganze Horde von Katzen in seiner Wohnung hält. Weitere kleine Rollen haben Mrs. Chalmers, die bei jeder Temperatur den Swimmingpool nutzt, und Mr. Murphy, ein Börsenmakler.

Es ist unwahrscheinlich, dass man den Täter vorschnell errät, doch nach der Auflösung erscheint einem alles logisch. Gut ist außerdem, dass die drei Fragezeichen nicht viel auf den Zufall warten müssen, sondern ihre Erkenntnisse aus Nachdenken und Kombinieren gewinnen. Weiterhin geht es nicht nur darum, den Dieb zu fassen, sondern auch den Aufenthaltsort der Skulptur zu finden, denn es gibt einige Hinweise, dass der Dieb sie in der Nähe verstecken musste. Noch folgerichtiger als bei der Tätersuche fügt sich hier alles zusammen, sodass man, wie es bei einem guten Krimi sein sollte, im Nachhinein alles für simpel hält, es aber nicht zu früh während des ersten Hörens herausfindet.

~ Humorvolle Stellen ~

Für Humor sorgen vor allem die skurrilen Bewohner der Apartments. Mrs. Boogle fällt gern von einem Extrem ins andere; nach dem Anschlag auf Miss Chalmers jammert sie zunächst, ehe sie dann gesteht, dass es gar nicht schlecht sei, wenn Miss Chalmers eine Weile im Krankenhaus bliebe, denn so käme sie endlich dazu, den Swimmingpool zu reinigen, den Miss Chalmers sonst immer in Beschlag nimmt. Auch die Begegnung mit Sonny Elmquist ist etwas irritierend aufgrund seiner vehementen Einstellung, dass alles im Leben "Illusion" sei und er darauf hoffe, dank seiner Meditation den Weg aus der Illusion zu finden. Von Mr. Prentice sagt er recht uncharmant, dass dieser, weil er sich um seine Besitztümer sorgt, vermutlich in seinem nächsten Leben eine Ratte sei. Peter erwischt es bei seinen Beobachtungen knüppeldick, als er über eine Katze des Katzenmannes Mr. Hassel stolpert, im Swimmingpool landet und sich anschließend noch Vorhaltungen anhören muss, dass er das arme Tier getreten habe.

~ Sehr gute Sprecher ~

Neben den Stammsprechern überzeugen auch die Nebendarsteller. Katharina Brauren spricht sehr überzeugend die launische Mrs. Boogle. Auch in anderen Folgen hatte sie markante Auftritte, etwa in "Stimmen aus dem Nichts" oder "Der Ameisenmensch". Filmfreunde werden sie vermutlich als resolute Mutter in Loriots Klassiker "Ödipussi" kennen. Karl Ulrich Mewes ist Hörspiel- und Zeichentrickfreunden wohl am ehesten als Sprecher von Daniel Düsentrieb aus der Serie "Duck Tales" bekannt. Hans Hessling kennt man z. B. als Synchronsprecher von James Cagney, Hauptdarsteller Geoffrey Baldon in "Catweazle" und Charlie Chaplin und als Sprecher der Zeichentrickfigur Asterix. Leider einen nur sehr kurzen Auftritt hat Gerlach Fiedler, dessen dunkle, raue, sehr markante Stimme man auch als die von Mr. Claudius in der Folge "Der Superpapagei" wiedererkennt, zudem etwa noch als Obelix in einer der Hörspielversionen von "Asterix" und als erste Stimme des Krümelmonsters aus der "Sesamstraße".

Fazit:

Eine sehr spannende Folge, bei der man gefesselt mitverfolgt, wer der Dieb der wertvollen Glasskulptur ist und wo er sie versteckt hält. Die Tatverdächtigen bestehen aus originellen Charakteren, und die drei Fragezeichen tappen lange Zeit im Dunkeln. Dank der kleinen humorvollen Einlagen und der sehr guten Sprecher wird daraus unterm Strich eine der besten Folgen der Reihe. Eine Schwäche liegt höchstens darin, dass man aufgrund des Titels und des Covers eine unheimliche Geschichte über einen richtigen Hund erwartet.

Sprechernamen:

Justus Jonas: O. Rohrbeck
Peter Shaw: J. Wawrczeck
Bob Andrews: A. Fröhlich
Mr. Prentice: H. Hessling
Mrs. Boogle: K. Brauren
Mr. Murphy: K. U. Mewes
Sonny Elmquist: P. Kunzmann
Erzähler: P. Passetti

Die drei Fragezeichen - Insektenstachel

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* * * * *
Inhalt:

Justus und Onkel Titus werden zu Mrs. Hazelwood gerufen, die ihnen altes Hausinventar verkaufen will. Es handelt sich um Unmengen von Büchern. Mrs. Hazelwood möchte sie loswerden, da sie vor ein paar Monaten erblindete und sie der Gedanke schmerzt, nie mehr lesen zu können. Da Onkel Titus nicht mit Büchern handelt, bietet ihr Justus an, die Werke mit Bob und Peter abzuholen und in Mrs. Hazelwoods Auftrag im Internet zu verkaufen. Kurz darauf ereignet sich ein Unfall. Mrs. Hazelwoods Hausangestellte Laura wird im Schuppen von einem Schwarm Hornissen attackiert und ins Krankenhaus gebracht.

Am nächsten Tag holen die drei Jungs die Bücherkisten ab und bringen auf Mrs. Hazelwoods Wunsch Moskitonetze an den Fenstern und Türen an. Anschließend erzählt sie ihnen von ihrer panischen Angst vor Insekten, die durch dieses Erlebnis wieder aufgeflammt ist. Vor einem Jahr verunglückte ihr Mann, der dem Glücksspiel verfallen war, bei einem Autounfall tödlich, kurz danach verlor Mrs. Hazelwood ihr Augenlicht. Wie schon seit ihrer Kindheit tauchten kurz immer zuvor Insekten auf, die sie seit jeher als Unheilsboten betrachtet. Ihr Hausmädchen Laura habe im Krankenhaus ein Ärztegespräch belauscht, wonach in Kalifornien zur Zeit durch Moskitos eine gefährliche Schlafkrankheit übertragen werde, wovor sich Mrs. Hazelwood nun fürchtet.

Kurz darauf wird Mrs. Hazelwood von einer Mücke gestochen. Obwohl Justus, Bob und Peter versuchen, sie zu beruhigen, ist sie überzeugt, durch einen Moskito nun infiziert zu sein. Für zusätzlichen Ärger sorgt die zickige Jennifer, die Mrs. Hazelwood die Blindenschrift lehrt und überzeugt ist, dass ihr im Haus die Brieftasche gestohlen wurde. Nach einem alarmierenden Anruf fahren die drei Detektive zu Mrs. Hazelwood, die einen Schwächeanfall erleidet. Sie weigert sich, zum Arzt zu gehen, da sie fürchtet, in eine Anstalt eingewiesen zu werden. Bildet sie sich ihre Krankheit ein, oder wurde sie tatsächlich infiziert? Die drei Fragezeichen beginnen mit den Ermittlungen ...

Summ, summ summ ...

Auch wenn zugegeben so einige Punkte aus diesem Hörspiel bereits aus einer anderen Folge bekannt vorkommen, hat man es hier mit einer sehr überzeugenden Episode zu tun.

~ Bedrohliche Spannung ~


Es dauert eine ganze Weile, bis sich der Fall entwickelt, dann jedoch verfolgt man gebannt die Geschehnisse im Haus von Mrs. Hazelwood. Die Nebel lichten sich nur allmählich, für lange Zeit hat man keine Ahnung, auf was der Fall hinauslaufen wird. Mrs. Hazelwood wird von Insekten belästigt, erleidet Schwächeanfälle, reagiert immer panischer auf jedes verdächtige Summen und auf ihre beunruhigenden Träume, in denen ihr verstorbener Mann und Insekten auftauchen. Nicht nur die drei Fragezeichen, auch der Hörer ist sich erst einmal nicht sicher, ob Mrs. Hazelwood sich in ihrer Panik nicht einige Dinge einbildet, ob ihr Leiden psychosomatisch bedingt ist, ob sie tatsächlich infiziert wurde oder ob jemand ein böses Spiel mit ihr treibt. Allerdings scheint kein Motiv vorzuliegen, das begründen würde, warum ihr jemand schaden will - seit ihrer Blindheit hat sie das Haus kaum verlassen, sie pflegt nur sehr wenige Bekanntschaften, und da ihr verstorbener Mann ihr Geld beim Glücksspiel verlor, hat sie außer ihrer kleinen Rente kein Besitz, das Haus geht nach ihrem Tod an die Bank über.

Fragen über Fragen stellen sich den drei Detektiven, die dennoch nicht aufgeben, zumal sie viel Sympathie und Mitgefühl für ihre Klientin aufbringen. Einerseits sind sie beeindruckt, sie gut sie sich trotz ihrer Blindheit im Haus zurechtfindet, und leisten der älteren Dame gern Gesellschaft, die ein so schweres Schicksal erdulden muss. Andererseits irritiert sie die hysterische Phobie vor Insekten und ihre felsenfeste Überzeugung, dass diese Tiere ihr Unheil ankündigen. Zwei weitere unberechenbare Größen sind die temperamentvolle Laura und die zickige Jennifer, die sogar die drei Fragezeichen beschuldigt, ihre Brieftasche gestohlen zu haben. Die Stimmung der Handlung wechselt von dramatischen Augenblicken zu eher leisen, und nachdenklichen Momenten. Es ist keine sehr actiongeladene Folge wie viele andere der Reihe, sondern gehört in die ruhige Sparte, da es zu einigen traurigen Erkenntnissen kommt, die auch am Ende nicht ganz ausgeräumt sind. Gelungen ist auch das Finale, in dem Justus in bester Hercule-Poirot-Manier alle Beteiligten versammelt und dem Täter eine Falle stellt.

~ Sehr gute Sprecher ~

Nicht nur die drei Hauptsprecher, auch die Nebendarsteller leisten beste Arbeit. Marianne Kehlau spricht die verängstigte und verzweifelte und doch manchmal energische Mrs. Hazelwood sehr überzeugend. Ihre Stimme kennt man schon von fast einem Dutzend anderer Auftritte bei den "drei Fragezeichen", etwa als Letitia Radford in "Der Ameisenmensch" oder als ausgeflippte Amy Scream in "Der Mann ohne Kopf". Regina Lemnitz hat man vor allem als Synchronsprecher solch temperamentvoller Hollywoodstars wie Roseanne Barr, Whoopie Goldberg oder Kathy Bates im Ohr. Sie passt auch hier ideal in die Rolle der schwarzen Haushälterin Laura, die kein Blatt vor den Mund nimmt. Hans Meinhardt ist übrigens das Pseudonym von Andreas Beurmann, der mit Regisseurin Heikedine Körting verheiratet ist. Unter diesem Namen hat er auch auch zahlreiche weitere Rollen in Europa-Hörspielen übernommen, vor allem in Karl-May- und anderen Abenteuerproduktionen.

~ Kleine Schwächen ~

Kenner der Reihe werden wahrscheinlich schon beim Titel und beim Anblick des Covers an eine frühere Folge denken, nämlich an "Der Ameisenmensch". Tatsächlich sind die Ähnlichkeiten nicht zu übersehen. In beiden Fällen steht eine Frau im Mittelpunkt, die panische Angst vor Insekten hat und auf die Anschläge verübt werden. Ironischerweise wird jene Person sogar von der gleichen Sprecherin, Marianne Kehlau, gesprochen. Da diese Folge der älteren aber in nichts nachsteht, fallen die Parallelen nicht zu sehr ins Gewicht.

Etwas fraglich ist die Souveränität, mit der sich Mrs. Hazelwood bereits ein paar Monate nach ihrer Erblindung zu bewegen weiß. Bei ihrem ersten Auftreten trägt sie eine dunkle Sonnenbrille, und weder Justus noch sein Onkel merken von allein, dass sie blind ist - dies stellt sich erst heraus, als sie die Brille abnimmt und Justus ihre milchig-weißen Augen sieht. Ihre Bewegungen erschienen ihm völlig natürlich und ohne jedes Zögern, und für eine Frau, die erst vor Kurzem erblindet ist, mutet das übertrieben an. Ein wenig nervig sind mit der Zeit die hysterischen Ausbrüche, die sich manchmal anhören, als würde Mrs. Hazelwood jeden Moment getötet werden, aber das war im "Ameisenmensch" noch extremer. Geschmackssache sind außerdem die Geräuscheffekte, die eingesetzt werden, um die herumschwirrenden Insekten zu verdeutlichen. Sie klingen nicht nur sehr künstlich, sondern erinnern auch von der Lautstärke her eher an eine Raumschiffinvasion als an Moskitos oder Hornissen.

Fazit:


Eine gelungene Folge der neueren Generation, die eine gute Balance zwischen dramatischen Szenen und ruhiger Stimmung findet. Nach einer Anlaufzeit unterhält die Folge mit viel Spannung, unterstützt durch hervorragende Sprecherbesetzungen. Negativ fällt die Ähnlichkeit mit der Folge "Der Ameisenmensch" auf sowie ein paar weitere Kleinigkeiten, doch insgesamt wirkt sich dies nicht störend aus.

Sprechernamen:


Justus Jonas: O. Rohrbeck
Peter Shaw: J. Wawrczeck
Bob Andrews: A. Fröhlich
Mrs. Hazelwood: M. Kehlau
Laura: R. Lemnitz
Jennifer: B. Böttrich
Onkel Titus: H. Meinhardt
Erzähler: M. Fuchs

Die drei Fragezeichen - Die sieben Tore

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* * * * *
Inhalt:

Justus Jonas wird auf das abgelegene Anwesen des reichen Mr. Carter gerufen. Als der eigenbrötlerische Mann sieht, wie jung Justus ist, will er ihn zunächst nicht mit seinem Fall beauftragen. Da es für Justus jedoch zu spät ist, mit dem Bus zurückzufahren, bleibt er über Nacht. Widerwillig erklärt ihm Mr. Carter auf sein Drängen hin den Auftrag: Justus soll die "sieben Tore" auf dem Grundstück finden, mehr will Mr. Carter nicht sagen.

Bei seiner nächtlichen Erkundung auf dem Gelände trifft Justus auf den Gärtner. Von ihm erfährt er, dass Mr. Carter vor einem halben Jahr einen schweren Autounfall hatte und wochenlang im Koma lag. Dabei verlor er auch die Erinnerung an die letzten neun Monate vor dem Unfall. Seitdem ist er verzweifelt auf der Suche nach einem Weg, sein Gedächtnis an diese Zeit wiederzufinden. Ein Brief soll ihn vor Kurzem besonders verstört haben.

Als Justus Mr. Carter am nächsten Vormittag mit diesen Informationen konfrontiert, zeigt er ihm den Brief. Ein Unbekannter fordert Mr. Carter darin auf, nach den "sieben Toren" zu suchen, wenn er sein Gedächtnis wiedererlangen will. Später am Tag stoßen Peter und Bob hinzu. Gemeinsam suchen sie das gesamte Haus ab, um das Rätsel der sieben Tore zu lösen, Mr. Carter seine Erinnerungen wiederzugeben und herauszufinden, wer der anonyme Briefeschreiber ist. Nicht nur, dass sie sehr wenige Hinweise haben, sie treffen auch Mr. Carters Freundin Enid, die sie überreden will, die Suche aufzugeben ...

Hinter welchem Tor steckt die Erinnerung?

Back to the roots heißt es in dieser Folge für die drei Fragezeichen, denn die Episode vereint nahezu alles, was man von den Klassikern kennt: Einen undurchschaubaren Auftraggeber, ein unheimliches Anwesen und ein Rätsel, das gelöst werden muss.

~ Spannendes Rätselraten ~

Über der ganzen Handlung schwebt eine leicht düstere und durch und durch geheimnisvolle Atmosphäre. Das liegt vor allem an Mr. Carters riesigem, verwinkeltem Anwesen und an seinem zurückhaltenden Charakter. Mr. Carter ist ein Nachtmensch, er hasst laute Geräusche, ist nach seinem Unfall immer noch abgemagert wie eine Vogelscheuche und gibt kaum eine Information freiwillig preis. Natürlich fehlt auch nicht der unheimliche Butler, der die Angewohnheit hat, wie aus dem Nichts aufzutauchen und die drei Fragezeichen gehörig zu erschrecken. Mr. Carters Charakter ist schwer zu beurteilen und daher auch die Frage, was er womöglich zu verbergen hat. Sein Privatleben schottet er vor der Außenwelt ab, sodass die drei Jungs erst ganz allmählich hinter dunkle Geheimnisse aus seiner Vergangenheit stoßen.

Gleichzeitig ist das Hörspiel auch einfühlsam und etwas bewegend aufgrund Mr. Carters Schicksal. Nicht nur, dass er nach seinem Unfall mühsam wieder laufen lernen musste, auch die neun Monate Gedächtnisverlust setzen ihm zu. Den Berichten von Freunden über die damalige Zeit traut er nicht, und um nicht noch mehr verwirrt zu werden, hat er alle alten Angestellten entlassen und seinen Hausrat im Keller eingelagert, um unbefangen nach seinen Erinnerungen suchen zu können. Selbst seine Freundin Enid stößt auf taube Ohren mit ihrem Rat, die Vergangenheit ruhen zu lassen; lieber ist Mr. Carter bereit, ein unstetes Leben zu führen, als aufzugeben. Nach und nach stoßen die drei Detektive bei ihren Nachforschungen auch auf Anhaltspunkte, die auf ein düsteres Geheimnis in Carters Vergangenheit hindeuten, und man darf gespannt sein, was dies mit seinem Gedächtnisverlust zu tun hat. Auch an einem dramatischen und gefährlichen Finale mangelt es nicht, allerdings ist es keine Actionfolge. Es dominiert der Charakter einer dunklen Atmosphäre mit eher unterschwelliger Bedrohung.

Erfreulich an der Geschichte ist außerdem, dass der Hörer bei den Ermittlungen mitraten kann. Das Rätsel der "sieben Tore" wird erst kurz vor Schluss gelöst, und bis dahin kann man seine grauen Zellen anstrengen, was es mit dieser Botschaft wohl auf sich hat. Es ist nicht zu offensichtlich, aber auch nicht so schwer, dass man den drei Detektiven nicht zuvorkommen könnte. Das erinnert sehr positiv an die ersten Fälle der drei Detektive, in denen es häufig darum ging, verschlüsselte Botschaft zu interpretieren oder einen Schatz zu finden. Nebenbei ist es eine nette Abwechslung, dass sich die drei Jungs eher wenig in ihrer Zentrale aufhalten und weder Morton noch Onkel Titus, Tante Mathilda oder Kommissar Cotta, geschweige denn Skinny Norris zum Einsatz kommen.

~ Sehr gute Sprecherleistungen ~

Außer den drei Hauptsprechern, die wie üblich überzeugen, ist vor allem Claus Wilcke hervorzuheben. Er ist der ideale Sprecher für den mysteriösen Caspar Carter, den er mit rauer Stimme und bedächtiger Sprechweise perfekt verkörpert. Auf dem Hörspielsektor kennt man ihn vor allem als König Julius aus der Kindergruselreihe "Hui Buh". Kurz nach Fertigstellung dieses Hörspiels verstarb leider Wolf Ratjen, der hier Butler Albert übernimmt. Er tauchte in diversen Nebenrollen der Reihe auf und sprach u. a. Papa Schlumpf in der Serie "Die Schlümpfe". Auch Hans Sievers hatte schon früher einige Auftritte bei den drei Fragezeichen, ebenso bei TKKG. Er wirkte regelmäßig als Synchronsprecher für die Rolle des Devon Miles in der TV-Serie "Knight Rider" mit.

~ Kaum Schwächen ~

Die Geschichte ist so gut inszeniert, dass man kaum etwas daran bemängeln kann. Etwas übertrieben ist das Ende gestaltet, Mr. Carters abschließenden Worten hätte ein bisschen weniger Pathos gutgetan. Zudem stört seine extreme Überraschung darüber, dass Justus so gut informiert ist über ihn und nicht ahnt, wer ihm diese Informationen zukommen ließ - es dürfte auf der Hand liegen, dass Mr. Carters Gärtner derjenige sein musste, der ihm diese Dinge erzählte. Ohnehin wäre es noch eleganter gewesen, wenn Justus durch knifflige Recherche diese Infos erhalten hätte und nicht auf dem Silbertablett serviert bekäme.

Fazit:

Eine sehr spannende und geheimnisvolle Folge mit einem düsteren Schauplatz und kniffligen Rätseln. Die drei Detektive bekommen es mit einem interessanten Auftraggeber und einem ungewöhnlichen Fall zu tun. Eine ruhige Episode mit dichter Atmosphäre, die sehr positiv an die frühen Fälle der Serie erinnert und wieder einmal mit hervorragenden Sprechern besetzt wurde.

Sprechernamen:

Justus Jonas: O. Rohrbeck
Peter Shaw: J. Wawrczeck
Bob Andrews: A. Fröhlich
Caspar Carter: C. Wilcke
Butler Albert: W. Ratjen
Gärtner: H. Sievers
Enid: J. Richter
Erzähler: Thomas Fritsch

Benjamin Blümchen - Sei nicht traurig, Benjamin

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* * * * *
Inhalt:

Karla Kolumna besucht Benjamin im Zoo. Der ist gerade sehr mit Packen beschäftigt und voller Vorfreude - er ist nämlich mit Otto und Stella um neun Uhr an der Bushaltestelle verabredet. Die beiden machen einen Schulausflug auf den Karbunkelstein und haben sich dafür eingesetzt, dass Benjamin mitkommen darf.

Karla begleitet Benjamin zum Treffpunkt und wartet gemeinsam mit ihm. Doch Otto und Stella erscheinen nicht. Benjamin wird immer ungeduldiger und glaubt schließlich, er habe sich um eine Stunde geirrt. Aber auch später kommen die beiden einfach nicht.

Benjamin fürchtet, dass Otto und Stella ihn versetzt haben. Ihm fällt ein, dass Wärter Karl sagte, dass drei manchmal einer zu viel seien. Benjamin wird immer frustrierter und eifersüchtiger und redet sich ein, dass Otto sich nicht mehr für ihn interessiert, seit er Stella kennengelernt hat. Karla versucht vergeblich, ihn aufzumuntern und nimmt ihn auf eine Kirmes mit ...

Benjamin, der Deprifant

Seit Folge 100 mischt in der Benjamin-Blümchen-Serie das italienische Mädchen Stella Stellini mit, Ottos Klassenkameradin und neue Freundin, die natürlich jetzt auch zu Benjamins besten Freunden zählt. Ob das notwendig war, nach 100 Folgen der Serie eine neue Hauptfigur hinzuzufügen, sei dahingestellt, zumindest ist Stella ein recht sympathischer, wenngleich oft besserwisserischer Charakter. In dieser Folge hat Benjamin ausnahmsweise mal mit Eifersucht zu kämpfen. Jahrelang war Otto sein allerbester Freund, und eigentlich ist Benjamin auch froh darüber, dass nun auch Stella zu ihnen gehört. Aber als die beiden einfach nicht erscheinen, wächst in ihm die Furcht, dass die beiden ihn versetzt haben. In ihm setzt sich die fixe Idee fest, dass sie ihn eigentlich gar nicht dabeihaben wollen, dies aber nicht zugeben wollten, um ihn nicht zu verletzen, und daher einen falschen Treffpunkt angaben.

Eigentlich ist es nicht schlecht, mal das Thema Eifersucht und Probleme in einer Freundschaft anzusprechen. Das wurde allerdings in anderen Folgen besser gelöst, beispielsweise in "Benjamin und der kleine Hund" - wo Benjamin ziemlich besitzergreifend auf einen Findelhund reagiert und sich Otto wiederum von Benjamin kaum beachtet fühlt. Benjamin reagiert hier viel zu dünnhäutig und unterstellt Otto und Stella ziemlich fiese Dinge. Dazu kommt, dass es für Kinder viel zu vorhersehbar ist, woran das Treffen schließlich scheitert. Es ist ziemlich unrealistisch, dass Benjamin und Karla an alles Mögliche denken, nur nicht an den tatsächlichen, naheliegenden Grund. Daher ist die Folge ziemlich spannungsarm, Überraschungen gibt es keine, und alles läuft so wie zu erwarten. Benjamin ist fast unerträglich deprimiert, da werden starke Erinnerungen an die frühe Folge "Benjamin wird verhext" wach - auch dort jammerte Benjamin, weil ihn angeblich niemand mehr liebhat. Ein weiterer Schwachpunkt der Folge ist Wärter Karls Reaktion, als Karla mit ihm telefoniert und Karl missinterpretiert, dass Benjamin verschwunden sei. Er ist dann in heller Aufregung und geht sogar zur Polizei und meldet Benjamin als vermisst, was eher albern als amüsant ist.

Positive Aspekte gibt es allerdings auch. Ein Lichtblick ist vor allem Karla Kolumna, die eine sehr große Rolle hat und immer wieder mit ihren Sprüchen die Situation rettet. Es gibt einige witzige Dialoge mit Benjamin, etwa wenn Benjamin beteuert, nichts vergessen zu haben, sondern lediglich "gedanklich verlegt". Der Ausflug auf den Rummel erinnert zudem an die alten Folgen. Sehr schön ist auch, dass die Folge sich nicht zu modern präsentiert - als Benjamin Karlas Handy nutzen will, fällt ihm der Begriff nicht ein, und er nennt es "Dingsda", offenbar spielen Handys also noch keine besondere Rolle bei ihm, was zum altmodischen Charme der Serie passt. Generell ist auch die Sprecherbesetzung gut, allerdings fällt schon auf, dass Jürgen Kluckert etwas undeutlicher spricht als sein immer noch unerreichter Vorgänger Edgar Ott. Karla Kolumnas große Rolle freut besonders, wenn man bedenkt, dass Gisela Fritsch aus Altersgründen nicht mehr allzulange bei Bibi und Benjamin mitsprechen wird. Stellas Mutter wird übrigens von Melanie Pukaß gesprochen, die Gisela Fritschs Tochter ist.

Fazit:

Eine durchschnittliche Benjamin-Folge, die eigentlich ein durchaus lehrreiches Thema hat, das aber nicht ganz ideal umsetzt, das gab es in früheren Folgen schon besser. Positiv sind dagegen die witzigen Szenen sowie die große Rolle von Karla Kolumna.

Sprechernamen:

Benjamin Blümchen - Jürgen Kluckert
Otto - Katja Primel
Stella Stellini - Marie Bierstedt
Karl - Till Hagen
Karla Kolumna - Gisela Fritsch
Lucia Stellini - Melanie Pukaß
Autoscooterbesitzer - Tilo Schmitz
Marktverkäufer - Gerald Schaale
Polizist - Viktor Neumann
Erzähler - Gunter Schoß

Der kleine Vampir in Gefahr - Angela Sommer-Bodenburg

Produktinfos:

Ausgabe: 1985
Seiten: 128
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Die Autorin:

Angela Sommer-Bodenburg wurde 1948 bei Hamburg geboren und lebt seit 1992 in Kalifornien. Bisher sind über 40 Bücher von ihr erschienen, darunter Romane, Kurzgeschichten, Gedichte und Bilderbücher. Ihre Werke wurden in 27 Sprachen übersetzt. Weitere Gruselbücher von ihr neben der Reihe um den kleinen Vampir sind z.B. "Die Moorgeister" und "Wenn du dich gruseln willst". Eine weitere, sehr erfolgreiche Buchserie ist die Reihe um den sprechenden Bernhardiner "Schokolowski".

Hintergrund:

Der achtjährige Anton ist ein Vampirfan und liebt gruselige Bücher. Sein bester Freund ist Rüdiger, ein echter kleiner Vampir, der eines Abends auf seinem Fensterbrett saß. Da Rüdiger selbst noch ein Kind ist, freundeten sich die beiden rasch an. Auch Rüdigers kleine Schwester Anna steht Anton sehr nah. Antons Eltern jedoch glauben nicht an Vampire, daher müssen sie sich in ihrer Gegenwart als Menschen ausgeben und ihre nächtlichen Ausflüge mit Anton geheim halten.

Inhalt:

Auf Antons Geburtstagsfeier am vergangenen Wochenende hat sein Vater ein Foto von ihm und Rüdigers Schwester Anna gemacht. Da Vampire kein Spiegelbild haben, können sie auch nicht fotografiert werden. Auf dem Bild sieht man bloß das Buch, das Anna in der Hand hält - sie selbst ist nicht abgebildet. Zum ersten Mal sind Antons Eltern misstrauisch. Früher haben sie nie an Vampire geglaubt, aber das Foto ändert alles. Sie verbieten Anton nicht nur den Kontakt zu seinen besten Freunden Anna und Rüdiger, sondern schicken ihn auch noch zu der Ärztin Frau Dr. Dösig, die untersuchen soll, ob ihm Blut abgezapft wurde. Auch wenn die Ärztin natürlich keine Indizien findet, gerät Anton in Panik. Gemeinsam mit Rüdiger belauscht er heimlich ein Gespräch zwischen den Eltern und der Ärztin und er erfährt, wie ernst es ihnen mit ihren Befürchtungen ist.

Doch das ist nicht das einzige Problem: Friedhofswärter Geiermeier, der seit langem schon Jagd auf die Vampire macht, plant, den wilden Teil des Friedhofs zu verschönern und in einen Park zu verwandeln. Dabei würde er zwangsläufig auf die unterirdische Gruft stoßen, in der die Familie Schlotterstein ihr Zuhause hat und die Geiermeier seit Jahren vergeblich sucht. Mit jedem weiteren Tag nähern sich die Planierraupen dem geheimen Einstieg, der unbedingt verborgen bleiben muss.

Zu allem Überfluss ist auch noch Anna krank. Das Blitzlicht des Fotoapparates hat ihren empfindlichen Augen geschadet, die seitdem ständig jucken und gerötet sind. Angeblich sollen Teufelstränen die Heilung bringen - doch Anton hat keine Ahnung, woher er diese Tropfen beschaffen soll. Kann er seiner Freundin Anna trotzdem helfen? Gelingt es ihm, die Eltern davon zu überzeugen, dass seine Freunde keine Vampire sind? Und findet sich eine Möglichkeit, dass die Vampire unentdeckt bleiben? Für Anton, Rüdiger und Anna brechen schwierige Zeiten an ...

Vampirjagd und Teufelstränen

Scherereien mit seinen Vampirfreunden sind nichts Neues für Anton und auch die kleinen Leser, die die bisherigen Bände verfolgt haben, kennen schon etliche gefährliche Situationen, die er meistern musste. Doch in diesem Band werden seine Eltern zum ersten Mal ernsthaft misstrauisch und halten es neuerdings für möglich, dass Rüdiger und Anna tatsächlich Vampire sind.

Diese Entwicklung sorgt für eine ganz neue Spannung in Antons Leben. Dazu kommt die parallele Bedrohung durch Geiermeier, der nicht mehr nur Jagd mit Knoblauch und Holzpflöcken macht, sondern durch die Bauarbeiten früher oder später definitiv auf die unterirdische Gruft der Familie von Schlotterstein stoßen wird. Es geht also im Gegensatz zu früheren Bänden nicht nur darum, dass Anton seine Freunde vor seinen Eltern verbergen und die nächtlichen Unternehmungen geheim halten muss, sondern die Existenz der Vampire ist ernsthaft bedroht. Besonders für Leser im Kindesalter dürfte nicht vorauszusehen sein, wie dieser Band endet. Alles scheint möglich, selbst Anton weiß kaum noch, wie er seine Freunde schützen kann. Natürlich weiß man von Beginn an, dass es nicht zum Schlimmsten kommen wird, dennoch bleibt die Geschichte bis zur Auflösung konsequent aufregend. Eine weitere kleine Entwicklung in der Reihe ist Annas Verzicht auf Milch. Bei einem seiner Besuche in der Gruft erfährt Anton bestürzt, dass nun auch sie sich von Blut ernährt, was den Jungen erst einmal gehörig verwirrt ... schließlich trug Anna nicht umsonst bis dato den Beinamen "die Zahnlose" und erschien weder Anton noch dem Leser wie eine vollwertige Vampirin. Wie üblich kommt es zu emotionalen Situationen zwischen den beiden, denn auch als Voll-Vampirin schwärmt Anna natürlich nach wie vor für ihren Anton, der sich ebenfalls nach wie vor zu ihr hingezogen fühlt und gleichzeitig stets einen gewissen Restabstand zu dem Vampirmädchen bewahrt.

In diesem Band wird zum ersten Mal der Psychologe Herr Schwartenfeger erwähnt, den Anton in der angehängten Serie "Anton und der kleine Vampir" regelmäßig aufsuchen wird, da seine Eltern hoffen, dass er dort von seinem Vampirtick geheilt wird. Wenn man die Bücher in der chronologischen Reihenfolge liest, ahnt man allerdings hier noch nicht, dass Herr Schwartenfeger in späteren Bänden eine sehr bedeutende Rolle einnehmen und Anton in seinem Vampirglauben eher noch unterstützen wird.

~ Kindgerechter Grusel ~

Selbstverständlich darf auch der typische Grusel, der bei Kindern diese Serie so beliebt macht, nicht fehlen. Vor allem die Begegnungen mit Rüdigers älterem Bruder Lumpi sorgen dafür, dass Anton und mit ihm dem Leser diverse Schauer über den Rücken jagen. Bei einer nächtlichen Begegnung scheint Lumpi kurz davor zu sein, Anton zu beißen und sein Versprechen, ihm nichts anzutun, gegenüber den Geschwistern zu vergessen - auch wenn man nicht ernstlich erwartet, dass Anton gebissen wird, spürt man seine Angst. Noch ein weiteres Mal darf man um ihn zittern, als er kurz vor Ende beinah den Weg von Tante Dorothee kreuzt. Natürlich ist es für Kinder immer aufregend zu lesen, wenn Anton sich den Vampirumhang überzieht und damit in die Nacht hinausfliegt. Nicht gruselig, aber doch aufregend sind die Stellen mit Friedhofswärter Geiermeier, der sehr misstrauisch auf Antons Friedhofsbesuche reagiert - kein Wunder, ein Grundschüler, der sich nachmittags an solch einem Ort herumtreibt, fällt auf. Lustig ist dagegen Geiermeiers Kollege Schnuppermaul, ein junger Friedhofsgärtner aus Stuttgart, der durch seine naive Art auffällt und darauf bedacht ist, sich die Fingernägel nicht schmutzig zu machen. Geiermeier sieht in ihm nicht gerade eine nützliche Hilfe, da die beiden charakterlich völlig verschieden sind und sich während der Vampirjagd ständig miteinander streiten ... unter anderem über ihre Hygienevorstellungen, wobei der reinliche Schnuppermaul entsetzt hören muss, dass Geiermeier sich trotz Schuppen nur alle paar Wochen die Haare wäscht.

~ Plädoyer für Freundschaft ~

Ein paar moralisch-lehrreiche Untertöne fließen auch mit ein. Schließlich geht es bei Antons Einsatz für die Vampire im Grunde darum, zu zeigen, dass man Freunden auch und gerade in Notlagen zur Seite stehen soll. Anton gibt sich nicht nur Mühe, der kranken Anna zu einem Mittel für ihre Augen zu verhelfen, sondern er ist auch bemüht, ihre Gruft vor den Bauarbeiten zu schützen, auch wenn ihn dieses Unterfangen überfordert. Bei der Vorstellung, seine Freunde womöglich auf Dauer zu verlieren, kommen Anton sogar die Tränen. So schwierig die Freundschaft zum eigennützigen Rüdiger auch manchmal ist, die beiden Vampirkinder sind Antons beste Freunde und er ist bereit, sich sowohl mit Geiermeier als auch mit seinen misstrauischen Eltern, die die Freundschaft unterbinden wollen, anzulegen, um Rüdiger und Anna zu schützen.
Das Buch eignet sich ideal für Kinder im Grundschulalter. Die Sprache ist so einfach und der gesamte Band so kurz gehalten, dass bereits Leseanfänger der ersten beiden Klassen hier zur Lektüre greifen können. Am besten werden wohl Kinder von acht, neun Jahren bedient, da sie sich im gleichen Alter wie Anton befinden und die meisten schon ein Interesse an gruseligen Geschichten entwickelt haben.

~ Kleine Ungereimtheit ~

Eine unlogische Stelle trübt den ansonsten sehr positiven Gesamteindruck. Störend ist nämlich die fehlende Erklärung, weshalb Antons Eltern in späteren Bänden offenbar wieder ihre Meinung geändert haben und Anna und Rüdiger nicht mehr für richtige Vampire halten. Das seltsame Foto, auf dem Anna nicht zu sehen ist, kommt nicht mehr zur Sprache, obwohl gerade Antons Mutter es zunächst als Beweis für ihr Vampirdasein gesehen hatte. Das stört umso mehr, wenn man bedenkt, wie sehr das Foto am Anfang der Geschichte thematisiert wird, sodass man sich ein wenig betrogen fühlt, dass es am Ende nicht mehr wichtig zu sein scheint. Hier wäre es besser gewesen, wenn die Autorin sich eine plausible Erklärung hätte einfallen lassen.

Fazit:

Ein besonders spannender Band aus der Reihe, der mit kindgerechtem Grusel und nebenbei auch mit einem kleinen Lernfaktor aufwarten kann. Störend fällt lediglich auf, dass es zwei kleine Logikmankos gibt, wobei der eine am Ende des Buches zum Tragen kommt, der andere aber erst in einem der späteren Bände.

Der kleine Vampir und die große Liebe - Angela Sommer-Bodenburg

Produktinfos:

Ausgabe: 1985
Seiten: 128
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Die Autorin:

Angela Sommer-Bodenburg wurde 1948 bei Hamburg geboren und lebt seit 1992 in Kalifornien. Bisher sind über 40 Bücher von ihr erschienen, darunter Romane, Kurzgeschichten, Gedichte und Bilderbücher. Ihre Werke wurden in 27 Sprachen übersetzt. Weitere Gruselbücher von ihr neben der Reihe um den kleinen Vampir sind z.B. "Die Moorgeister" und "Wenn du dich gruseln willst". Eine weitere, sehr erfolgreiche Buchserie ist die Reihe um den sprechenden Bernhardiner "Schokolowski".

Hintergrund der Reihe:

Der achtjährige Anton ist ein Vampirfan und liebt gruselige Bücher. Sein bester Freund ist Rüdiger, ein echter kleiner Vampir, der eines Abends auf seinem Fensterbrett saß. Da Rüdiger selbst noch ein Kind ist, freundeten sich die beiden rasch an. Auch Rüdigers kleine Schwester Anna steht Anton sehr nah. Antons Eltern jedoch glauben nicht an Vampire, daher müssen sie sich in ihrer Gegenwart als Menschen ausgeben und ihre nächtlichen Ausflüge mit Anton geheim halten.

Inhalt:

Als Antons abends nach Hause kommt, kündigen seine Eltern geheimnisvoll einen Besucher für ihn an, der in seinem Zimmer wartet. Er glaubt, dass es Rüdiger oder Anna sein muss, zu seiner Überraschung aber ist es ein fremdes Mädchen - ein Vampirmädchen. Olga Fräulein von Seifenschwein ist eine Cousine von Rüdiger und Anna und wohnt seit kurzem in der Gruft der Familie von Schlotterstein. Nachdem Rüdiger ihr von seinem besten Freund Anton erzählt hatte, war sie sehr neugierig.

Die blonde Olga ist sehr hübsch, Anton merkt aber schnell, dass sie auch arrogant ist. Sie hält sich für etwas Besseres, weil sie und ihre Eltern auf einem Schloss in Transsilvanien gewohnt haben - bis diese Vampirjägern aus dem Dorf zum Opfer fielen. Olga konnte entkommen und flüchtete sich zu Tante Dorothee und dem Rest der Schlottersteins. Anton ahnt, dass Olgas Auftauchen für einige Probleme sorgen wird und er behält Recht:

Zum einen ist Rüdiger sehr verliebt in sie und alles dreht sich nur noch um Olga. Leider erwidert das hinterhältige Vampirmädchen seine Gefühle nicht, sondern nutzt Rüdiger wohlweislich aus. Dafür flirtet sie unverhohlen mit Anton, was Anna wiederum eifersüchtig macht. Zudem fühlt sich Anton in Olgas Anwesenheit doppelt unwohl, weil er ihr nicht wirklich vertraut, denn sie scheint vor allem an seinem Hals interessiert zu sein. Höhepunkt der Schwierigkeiten ist aber eine Party, die auf Olgas Wunsch bei Anton veranstaltet wird ...

Gestatten, Olga Fräulein von Seifenschwein

Ja ja, die erste Liebe, sie ist oft nicht einfach und davon bleiben auch Vampire nicht verschont. Der fünfte Band aus der Reihe des kleinen Vampirs gehört sicherlich zu den besten der Serie und man erlebt vor allem Rüdiger hier so gefühlsvoll wie selten.

Mit Olga wird eine neue Figur eingeführt, die zwar danach nicht mehr regelmäßig dabei ist, aber immer wieder erwähnt wird und auch später erneut auftaucht - es ist also ein wichtiger Band mit entscheidenden Ereignissen und er sollte zum Verständnis der späteren Bände nicht in der Sammlung fehlen. Der Band ist sowohl kindgerecht lehrreich als auch humorvoll als auch spannend und dramatisch. Zum einen ist es sehr angemessen, auf welche Weise hier mit dem Thema Liebe umgegangen wird. Rüdiger verliebt sich in Olga, obwohl diese im Grunde überhaupt nicht zu ihm passt. Selten passte das Sprichwort "Liebe macht blind" besser als in diesem Fall, denn der kleine Vampir blendet alle negativen Eigenschaften seiner Angebeteten aus - obwohl diese wirklich zahlreich vorhanden sind - und hebt sie auf ein Podest. Olga zuliebe lässt er sich schlecht behandeln, opfert sich für sie auf und redet sich all ihre Verhaltensweisen schön. Anton und Anna stempelt er beide als eifersüchtig ab und die zwei wissen kaum noch, wie sie ihren Freund bzw Bruder von seiner Verblendung heilen können. Am Ende allerdings sieht Rüdiger, dass er einem Trugbild aufgesessen ist und jetzt ist er wirklich dankbar für Antons Freundschaft. Anton wiederum zeigt Rüdiger, dass er in seinem Liebeskummer für ihn da ist. Das Buch zeigt sehr schön, dass zur Liebe weitaus mehr gehört als Äußerlichkeiten und eine Schwärmerei nicht gleich mit tiefen Gefühlen verwechselt werden sollte - und dass man sich nicht einem anderen zuliebe verbiegen sollte, so wie Rüdiger sich für Olga viel zu viel gefallen lässt.

Olga ist ein interessanter Charakter, zwar nicht gerade sympathisch, aber sie sorgt für eine Menge Spannung. Anna durchschaut ihre Spiele sofort: Olga ist nicht gerade geschickt im Jagen und verlässt sich darauf, dass Rüdiger ihr dabei hilft, regelmäßig zu Beute zu kommen. Dazu spielt sie immer, wenn sie es gerade braucht, die Mitleidskarte aus, indem, sie an das schreckliche Ende ihrer Eltern erinnert. Tatsächlich ist es bewegend sich vorzustellen, dass ihre Eltern durch die aufgehetzten Dorfbewohner mit einem Pfahl im Herzen endgültig getötet wurden und sie selbst beinah ebenfalls zum Opfer wurde. Umso durchtriebener ist es von Olga, dieses Schicksal immer dann zu erwähnen, wenn sie Aufmerksamkeit haben will. Spannend ist außerdem Olgas Verhalten gegenüber Anton. Sie umgarnt ihn oft, fühlt sich durch die Freundschaft zu einem Menschen offenbar geschmeichelt, aber er wird berechtigterweise das Gefühl nicht los, dass Olga in der Lage wäre, ihn zu beißen, weshalb er nicht mit ihr allein sein möchte.

Lustig wird es trotz des teils ernsten Themas aber auch und das nicht zu knapp. Annas Eifersucht ist recht amüsant zu lesen. Ihr Herz gehört ja schon seit langem Anton und in Olga sieht sie eine Konkurrentin. Im Gegensatz zu Annas strubbeligem schwarzen Haarschopf hat Olga sorgfältig gekämmte blonde Haare mit einer rosa Schleife und Anton hat alle Mühe, Anna zu versichern, dass er blonde Haare bestimmt nicht hübscher findet. Der Höhepunkt des Bandes ist die Party bei Anton. Olga sehnt sich nach einer "Transsilvanischen Nacht" mit Musik und Tanz, wie sie damals im Schloss bei ihr regelmäßig veranstaltet wurde und Rüdiger drängt Anton dazu, das zu organisieren. Antons Eltern erlauben die Kinderparty, nichtsahnend, dass Antons Freunde nicht nur zum Spaß Vampirumhänge tragen, und gehen an dem Abend aus. Aber natürlich läuft die Party völlig aus dem Ruder, Olga möchte auf dem neuen Sofa der Eltern hüpfen und bedient sich an deren Plattensammlung, der Boden ist schon bald mit Konfetti übersät. Anton hat keine Chance gegen Olga und Rüdiger, die das Chaos immer weiter vergrößern und die Sticheleien zwischen Olga und Anna machen es nicht gerade besser.

Fazit:


Ein sehr guter Band aus der Reihe "Der kleine Vampir", der in allen belangen überzeugt: Die Geschichte ist kindgerecht-lehrreich, spannend, dabei auch sehr humorvoll und ein bisschen bewegend.

Conni ist krank - Liane Schneider

Produktinfos:

Ausgabe: 2010
Seiten: 32
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Die Autorin:

Liane Schneider studierte zunächst Chemie und Kunst und arbeitete als Lehrerin. Ihre eigene Tochter Conni inspirierte sie zu der Kinderbuchreihe "Meine Freundin Conni", in der bereits zahlreiche Bände erschienen sind, u.a. Conni auf dem Bauernhof, Conni backt Pizza und Conni bekommt eine Katze.

Inhalt:

Connis Mutter muss auf eine Fortbildung. Sie will bald wieder in ihren Beruf als Ärztin einsteigen und muss daher ein paar neue Dinge lernen. Conni ist traurig und kann sich in der Schule gar nicht richtig konzentrieren. Im Sportunterricht merkt sie außerdem, dass ihr Hals kratzt.

Zuhause wird es noch schlimmer, obwohl Papa ihr das Lieblingsessen gekocht hat. Jetzt pikst nicht nur der Hals, es läuft auch dauernd die Nase. Papa stellt schließlich leichtes Fieber bei Conni fest. Sie muss das Bett hüten und Papa lässt sich per Telefon von Oma Tipps wie Wadenwickel geben.

Papa und Connis kleiner Bruder Jakob kümmern sich um Conni, aber das Fieber steigt trotzdem. Also geht es zum Kinderarzt, der Conni untersucht und ihr eine Medizin verschreibt ...

Husten, Schnupfen, Heiserkeit


Jedem Kind ergeht mal so wie der kleinen Conni - es wird krank, fühlt sich unwohl und der Besuch beim Kinderarzt wird unvermeidlich. Dass das alles zwar unangenehm aber gar nicht so schlimm ist, lernen Kinder in diesem Conni-Band. Gleichzeitig wird noch ein zweites Thema angesprochen, nämlich die Abwesenheit von Connis Mutter. Sie wird bald wieder in ihren Beruf einsteigen und als Ärztin sind regelmäßige Fortbildungen Pflicht. Conni gefällt das gar nicht, sie ist es nicht gewohnt, dass Mama nicht zuhause ist. Das Abschiednehmen fällt ihr schwer, trotz Gutenachtgeschichte am Abend und langem Umarmen am Morgen. Auch dass Mama ein feines Kostüm trägt, ist für Conni ungewohnt.

Ihre Krankheit kommt dadurch natürlich zur Unzeit, denn jetzt muss sich Connis Papa allein nicht nur um zwei kleine Kinder kümmern, sondern auch noch um ein krankes. Er gibt sich alle Mühe, aber den Arztbesuch kann er nicht verhindern. Diese Situation wird allerdings auch recht lustig dargestellt. Es beginnt schon beim Mittagessen, das ausnahmsweise Papa zubereiten muss - er kocht Spaghetti mit Tomatensauce, Connis Leibgericht, um sie aufzumuntern - allerdings schmeckt es wahrlich nicht so gut wie bei Mama und Connis Laune hebt sich nicht gerade. Und ausgerechnet als Conni schließlich krank im Bett liegt und Papa mit Fiebermessen und Wadenwickeln beschäftigt ist, meldet ihr kleiner Bruder Jakob, dass seine "Winnel" voll ist. Papa hat gerade keine Hand frei, um sich darum zu kümmern und vertröstet Jakob auf gleich. Connis kleiner Bruder will jedoch nicht warten und zieht sie sich selbst aus, was er voller Stolz präsentiert - was bei Papa wiederum einen eher entgeisterten Blick hervorruft.

Der Besuch beim Kinderarzt wird so harmlos und simpel dargestellt, dass das Buch sicher helfen kann, diese Ängste bei Kindern abzubauen. Das Praxiszimmer ist freundlich gestaltet, an den Wänden hängen hübsche Bilder und das Personal ist sehr nett. Die Untersuchung verläuft schnell und ist überhaupt nicht schmerzhaft. Witzig ist außerdem das Bild an der Wand neben der Liegen, auf die sich Conni setzen muss. Hier ist ein Clown abgebildet, der während der Untersuchung Conni bzw den Arzt imitiert. Als Conni die Zunge herausstrecken muss, tut er es ihr gleich und als der Arzt ihr die Lymphknoten am Hals fühlt, fasst er sich ebenfalls dorthin. Sehr schön wird gezeigt, wie sich alle um die kranke Conni bemühen. Sie legt sich im Wohnzimmer auf die Couch, um nicht so alleine zu sein. Ihr kleiner Bruder spielt neben ihr mit dem Zug, Conni hört derweil Märchen-CDs. Später kommt auch noch Oma vorbei, um sich um ihre Enkelin zu kümmern. Kinder lernen, dass Kranksein nicht angenehm ist, man aber auch normalerweise schnell wieder gesund wird, wenn man sich einfach etwas ausruht und seine Medizin nimmt. Durch die Zuwendung ihrer Familie ist auch die Sehnsucht nach Mama nicht so groß wie noch am Anfang.

Fazit:

Hübsches Kinderbuch für Vorschulkinder und Leseanfänger. Leicht verständlich, lehrreich und schön bebildert. Ein wichtiges Thema wird gut aufgegriffen.

Bibi und Tina - Das Amulett der Gräfin

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Inhalt:

Bibi und Tina wollen nach Rotenbrunn zum Trödelmarkt reiten, um ein Geburtstagsgeschenk für Tinas Mutter zu suchen. Unterwegs entdeckt Bibi ein Amulett auf einer Wiese. Als es sauber gehext ist, sehen die Mädchen, dass es ein wertvolles Stück mit Juwelen ist. Zu gerne würden sie es Tinas Mutter schenken, aber sie bringen es dennoch zum Grafen, der sich mit solchen Schmuckstücken auskennt.

Graf von Falkenstein ist hocherfreut, denn das Amulett entpuppt sich als das vor langer Zeit verloren gegangene Glücksamulett von Urgroßmutter Amalie. Es gehört zur Familientradition, dass stets die Braut des erstgeborene Falkensteins das Amulett bekommt. Der Graf glaubt zwar nicht wirklich an Glücksbringer, ist aber sehr dankbar, dass das schöne Stück wieder in Familienbesitz ist.

Bibi und Tina haben kurz danach den Einfall, ein selbst gemachtes Imitat des Amuletts anzufertigen und Frau Martin zu schenken. Dafür braucht Tina natürlich die Kette als Vorlage. Alexander traut sich aber nicht, seinen Vater danach zu fragen, Schließlich bringt er Tina heimlich die Kette und hofft, dass sein Vater nichts davon merkt. Die Mädchen wollen es schnell zurückbringen, doch dann lenkt sie Rauch im Pferdestall ab. Als sie zurück in den Garten kommen, ist das Amulett verschwunden ...

Gräflicher Glücksbringer


Ein bisschen Krimiflair gibt es in dieser Folge, die sich ausnahmsweise mal gar nicht um Pferde oder andere Tiere dreht.

~ Lehrreiche Handlung ~

Tina meint es gut, als sie plant, ihrer Mutter ein Imitat des wertvollen Amuletts zu basteln. Gut gemeint muss aber trotzdem nicht richtig gehandelt heißen, denn es erweist sich zunächst als fatal, dass sie das Schmuckstück aus den Augen lassen. Wie so oft kommt es zu einem kleinen Disput zwischen Tina und Alex, da Alex nur sehr ungern etwas gegen den Willen seines Vaters macht, was Tina wiederum stets ärgert. Diesmal aber hätte Alex besser auf seinem Standpunkt beharrt, dann wäre so mancher Ärger erspart geblieben. Kinder lernen aus der Geschichte, dass Heimlichkeiten nicht der richtige Weg sind, und werden daran erinnert, dass gewisse Risiken sich nicht lohnen und überdacht werden sollten. Recht gelungen ist auch die Idee, nicht aufzuklären, ob es sich bei dem Amulett wirklich um eine Glücksbringer handelt, wie Bibi und Tina glauben und wie der Erfolg auf der Rennbahn andeutet, oder ob es nur ein schöner Aberglaube ist, wie Graf von Falkenstein zunächst eher meint. Darüber hinaus zeigt sich mal wieder, dass der Wert eines Geschenkes nicht in seinem Preis bemessen ist - Frau Martin ist ein weitaus günstigeres Imitat viel lieber als das Originalamulett, bei dem sie immer fürchten müsste, es zu verlieren. Da trägt sie lieber ein Schmuckstück, das Tina eigenhändig angefertigt hat.

~ Gute Sprecher ~


Die beiden jugendlichen Delinquenten werden überzeugend von David Turba und Constantin von Jascheroff gesprochen. David Turbas Stimme kennt man vor allem als deutsche Version von Shia LaBeouf, aus diversen Animeserien und einigen Auftritten in der Gruselkabinett-Reihe. Constantin von Jascheroff dürfte etwas weniger populär sein, aber viele kennen ihn sicher als deutsche Stimme des jungen Anakin Skywalker aus Star Wars - Episode 1. Joachim Nottke ist hier zwar leider nicht mehr als Erzähler dabei, aber sein Nachfolger Gunter Schoß macht seine Sache zumindest solide. Eberhard Prüter überzeugt wie üblich als distinguierter Graf von Falkenstein, der in dieser Folge mal wieder zeigen kann, wie nett der Graf doch eigentlich sein kann.

~ Ein paar Schwächen ~

Etwas enttäuschend ist der Kriminalteil der Handlung, dessen Potenzial auf keinen Fall ausgeschöpft wird. Von Anfang an ist klar, wer für das Verschwinden des Amuletts verantwortlich ist, zu auffällig war vorher die Einführung der beiden entflohenen Jugendsträflinge. Der erste Schock über das gestohlene Stück sitzt zwar tief, aber die Jagd nach den Dieben ist dann doch nur Routine - und dank ihrer Hexerei hat Bibi es dabei ohnehin einfach. Interessant wäre gewesen, wenn man mehrere Verdächtige gehabt hätte oder vielleicht wenn Bibi mal wieder ihre Hexkraft wegen zu viel Hexerei kurzzeitig eingebüßt hätte. So aber hält sich die Spannung zu sehr in Grenzen.

Fazit:

Eine recht unterhaltsame und für Kinder vor allem in mehrfacher Hinsicht lehrreiche Folge, die unterm Strich solide ausfällt. Die Sprecher sind gut, allerdings hält sich die Spannung zu sehr in Grenzen, die Handlung hätte mit ein paar Kniffen weitaus dramatischer und unvorhersehbarer gestaltet werden können. Eine insgesamt empfehlenswerte Folge, die sich aber nur im Mittelfeld innerhalb der Serie bewegt.

Sprechernamen:

Bibi Blocksberg: S. Bonasewicz
Tina Martin: D. Hugo
Frau Martin: E. Meyka
Alexander: S. Hasper
Graf von Falkenstein: E. Prüter
Timo: D. Turba
Jörg: C. Von Jascheroff
Erzähler: G. Schoß

Bibi und Tina - Der verhexte Wanderritt

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Inhalt:

Bei einem ihrer Wettreiten treffen Bibi und Tina auf Alexander. Der hat miese Laune, denn sein Cousin Adalbert ist für zwei Wochen zu Besuch auf Schloss Falkenstein. Adalbert ist zwar in ihrem Alter und ein ebenso guter Reiter, doch er ist auch recht angeberisch und hält sich für etwas Besseres. Zum Ärger von Alex beginnt er auch noch, unverhohlen mit Tina zu flirten. Um die Gemüter zu beruhigen, schlägt Bibi einen dreitägigen Wanderritt vor. Die vier wollen tagsüber auf Schatzsuche gehen, in der Hoffnung, irgendetwas Wertvolles zu finden. Übernachtet wird in den Zelten auf der Schlosswiese, damit sich die Erwachsenen keine Sorgen machen.

Am ersten Tag untersuchen sie ein Bachbett. Adalbert hat Glück und entdeckt eine silberne Gürtelschnalle. Auf ihr ist ein Wappen mit einem Raben abgebildet. Alex erinnert sich, dass in der Gegend eine Familie mit den Namen "Rabenhorst" lebte. Die Schatzsuche wäre nun eigentlich beendet, aber Bibi möchte unbedingt das Versteck des Räubers finden, das bis heute verborgen geblieben ist. Zuerst suchen die vier in der nahe gelegenen Höhle. Tatsächlich stoßen sie auf einen geheimen Tunnel, in dem sie ein paar alte Stiefel finden. Zurück im Freien treffen sie auf Graf von Falkenstein, der die Stiefel anhand der Sporen als der Familie Rabenhorst zugehörig erklärt. Er erzählt den Kindern die Geschichte, die dahintersteckt: Vor langer Zeit warb ein Vorfahre der Falkensteins um seine spätere Ehefrau, Gerda von Graz, doch Reuben Rabenhorst bekundete ebenfalls Interesse an ihr. Als sie das nicht erwiderte, entführte er die Frau kurzerhand. Er wurde zwar gefasst, konnte aber fliehen und lebte von da an als Räuber im Wald.

Am Abend unterhalten sich Bibi und die anderen über den Räuber. Vor allem Adalbert bewundert den verwegenen Reuben. Aus lauter Übermut hext Bibi ihm einen Räuberdress und die gefundenen Stiefel an. Plötzlich sieht Adalbert nicht nur aus wie ein Räuber, sondern er verhält sich auch so. Bibi, Tina und Alex halten es anfangs für einen Scherz - doch offenbar hat der Spruch Adalbert wirklich verwandelt. Bibi will ihn zurückhexen - aber es funktioniert nicht! Zu allem Überfluss sind Adalbert und Tina am nächsten Morgen verschwunden, so wie damals der Räuber Rabenhorst und Gerda von Graz. Für Bibi und Alex beginnt eine aufregende Suche nach den beiden ...

Adalbert auf Räuberpfaden

Diese Episode der Bibi und Tina-Reihe vereint so gut wie alle Stärken der Serie und steht in ihrer Überzeugungskraft den frühen Folgen in nichts nach.

~ Abenteuerliche Handlung ~

Da ist zunächst einmal die spannende Story, die ohne Längen zu unterhalten weiß. Ein Wanderritt mit Übernachtungen im Freien, eine Schatzsuche, eine Höhle, ein geheimer Tunnel und eine aufregende Legende - das alles sind abenteuerliche Zutaten, die bei Kindern natürlich besonders gut ankommen. Sicher träumen die meisten der jungen Zuhörer davon, mal einen ähnlichen Ausflug zu unternehmen, und können sich daher bestens mit den vier Reitern identifizieren. Es wird eine wild-romantische Lagerfeuerstimmung heraufbeschworen, in die man sich nur zu gerne mit hineinversetzt. Dazu passt auch die Geschichte vom Räuber Rabenhorst, der unterm Strich nicht als böser Verbrecher dargestellt wird, sondern vielmehr als tollkühn und leidenschaftlich, als ein Verfechter seiner Gefühle. Auch ein klein wenig unheimlich wird es, als sich die vier in die verfallene Höhle begeben, die eigentlich tabu für sie ist. Dort wimmelt es von Fledermäusen, und der geheimnisvolle Tunnelgang sorgt für neue Spannung. Trotzdem brauchen sich auch die ganz jungen Hörer hier nicht zu fürchten, sondern werden sich allenfalls angenehm gruseln. Das ganze Hörspiel über herrscht ein angenehmer Ausgleich zwischen Action und ruhigen Momenten. Keine Sekunde kommt Langeweile auf, dafür sorgen die abwechslungsreichen Ereignisse, die aber nicht zu überhastet daherkommen, sodass man zwischendurch Zeit hat zum Atemholen.

~ Interessanter Nebencharakter ~


Mit Adalbert von Falkenstein kommt ein neuer Nebencharakter ins Spiel, der definitiv ein Gewinn für die Serie ist. Zunächst präsentiert er sich als Angeber, der laut Erzähler bestens zum Namen seines Pferdes, das er "Großmogul" getauft hat, passt. Zunächst ist er tatsächlich alles andere als sympathisch. Deutlich merkt man, dass er sich den anderen überlegen fühlt, und Alex verärgert er zusätzlich, indem er sich an dessen Freundin Tina heranmacht. Allerdings zeigt im Verlauf des Wanderritts, dass Adalbert auch anders kann. Erste Anzeichen äußern sich, als er mit seinem Pferd einen riskanten Sprung wagen will, von dem Bibi die beiden in letzter Sekunde mit einem Hexspruch abhält - und Adalbert damit vor einem Sturz bewahrt. Kleinlaut sieht er sein Unrecht ein und bedankt sich bei Bibi für die Rettung. Hier deutet sich an, dass er nicht ganz so flegelhaft und unverschämt ist, wie man zunächst meint.

Es ist nichts Neues, dass in Kinderhörspielen im Allgemeinen und speziell bei Bibi oder auch Benjamin Blümchen ein anfänglich unsympathischer Charakter sich später doch noch als nett und freundlich entpuppt. Kinder lernen hierdurch, dass sie nicht nur auf den ersten Eindruck vertrauen sollen. Wenn man sich mit seinem Gegenüber Mühe gibt, kann der oft ganz ungeahnte Verhaltensweisen entwickeln. Schön ist dabei vor allem, dass Adalbert keine 180-Grad-Wandlung erfährt, sondern erst nach und nach sympathischer wird, was der Wandlung eine erhöhte Glaubwürdigkeit verleiht.

~ Humor und Hexerei ~


Obwohl ein Hexspruch von Bibi der Auslöser zu dem dramatischen Abenteuer ist, muss die kleine Hexe in dieser Folge weitestgehend ohne hexische Hilfe auskommen. Das liegt daran, dass sie keine Möglichkeit hat, die verschwundene Tina herbeizuhexen, denn dafür muss sie ihren Aufenthaltsort kennen. Ebensowenig funktioniert ein Suchhexspruch, denn dafür braucht sie ihren Besen Kartoffelbrei. Also müssen sie und Alex auf ganz herkömmlichen Weg sich mit den Pferden auf die Suche machen. Das ist wesentlich spannender und interessanter, als wenn Bibi alle Probleme mit einem "Hex hex!" beseitigt, und es erinnert daran, dass auch sie nicht auf ihren gesunden Menschenverstand verzichten darf, weil Hexen nicht immer hilft ...

Trotz aller Aufregung ist natürlich auch wieder für viel Humor gesorgt. Die Stimmung unter den vier Reitern ist über weite Strecken heiter und ausgelassen. Vor allem Tina ist sehr neckisch aufgelegt - kein Wunder, schließlich wird sie gleich von zwei Jungen umschwärmt. Am amüsantesten ist jedoch ihr Spruch, als Adalbert alias der Räuber Rabenhorst sie entführt und sie versucht, ihm klarzumachen, wer er wirklich ist: "Du bist Adalbert! Du hast Pickel, und du nervst!" Leider hat sie keinen Erfolg, wie auch, denn Adalbert ist nun mal verhext, sodass er sich für den Räuber aus der damaligen Zeit hält. Dementsprechend verwirrt ihn auch die Umgebung, und der Mühlenhofbauer auf dem Traktor scheint auf einem "Monster" zu reiten. Angepasst an die frühere Zeit, in der Adalbert zu sein glaubt, ist auch seine Sprache, und Tina ist für ihn die "holde Maid", auch wenn sich die Entführte nicht besonders "hold" aufführt.

~ Nur minimale Mankos ~

Die Geschichte ist insgesamt so unterhaltsam und gut gemacht, dass es nur wenig zu kritisieren gibt. Eine kleine Schwäche ist vielleicht, dass Bibi für fast alle Ereignisse verantwortlich zeichnet. Durch die Hexereien steht sie sowieso immer im Mittelpunkt, deshalb ist es unnötig, dass sie auch den Vorschlag zum Wanderritt macht, dass sie dafür plädiert, nach dem Versteck des Räubers zu suchen, und dass sie in der Höhle den geheimen Gang entdeckt. Um der Ausgewogenheit willen wäre es nett gewesen, wenn hier Tina und vor allem Alex ein bisschen mehr beteiligt gewesen wären.

Für die ganz jungen Hörer könnte enttäuschend sein, dass diesmal die Pferde nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen. Da die Handlung nicht auf dem Martinshof spielt, kommen die niedlichen Ponys Max und Moritz überhaupt nicht vor. Auch die restlichen Pferde treten im Grunde nur als Reittiere in Erscheinung. Auf der anderen Seite bedeutet das, dass die Folge, die ja sowieso sehr abenteuerlich gestaltet ist, auch für den einen oder anderen Jungen interessant sein könnte. Ein wenig schade ist, dass zwar der Graf von Falkenstein, aber dafür nicht Frau Martin mitspielen, die ja sonst in so gut wie jeder Folge in Erscheinung tritt. Und obwohl die Handlung sehr gelungen ist, kann man eine leichte Parallele zur Bibi-Blocksberg-Folge "Bibi als Prinzessin" erkennen. In jener Episode sind es Bibi und ihre Freundin Moni selbst, die als Prinzessinnen in eine andere Zeit verhext werden und durch ein Missgeschick ins heutige Neustadt gelangen, wo sie sich, immer noch im Glauben, sie gehörten in ein früheres Jahrhundert, ebenso verwirrt fühlen wie Adalbert in der Rolle des Räubers Rabenhorst. Allerdings sind diese Ähnlichkeiten zu vernachlässigen, von einer Kopie kann keine Rede sein - im Gegenzug zu so manch anderer Bibi-und-Tina-Folge, die sich an früheren Episoden bediente.

Sicherlich hätte man die Dramatik der Handlung noch ein wenig steigern können. Adalbert hat zwar Tina entführt, aber eigentlich ist von vornherein klar, dass er ihr nichts Schlimmes antun will, schließlich hat auch Reuben Rabenhorst damals nichts Böses vorgehabt. Man hätte sich eventuell noch irgendeine zusätzliche Gefahr für Adalbert und Tina ausdenken können. Möglichkeiten gäbe es dafür genug, beispielsweise, dass sich die beiden im Wald verlaufen oder dass Adalbert irgendeine Bedrohung aus der neumodischen Welt wie einen Zug oder ein Auto nicht als solche erkennt. Aber alle Kritikpunkte sind nur minimal und täuschen nicht darüber hinweg, dass es sich hier um eine sehr gelungene Folge handelt.

~ Gute Sprecher ~

Mit den Sprecher kann man insgesamt sehr zufrieden sein. Den einzigen Wermutstropfen bildet der Erzähler Gunter Schoß, der sich zwar redlich Mühe gibt, aber den verstorbenen Erzähler Joachim Nottke nicht ersetzen kann. Man gewöhnt sich langsam an Schoß, aber seine Stimme bleibt trotzdem eher unangenehm heiser, sodass man ihm nicht so gerne zuhört wie Nottke. Gut ist allerdings, dass auch bei ihm der Erzähler nicht allwissend ist, so auch nicht auf Anhieb weiß, wohin Tina und Adalbert in der Nacht verschwunden sind. Der Sprecher von Adalbert, Dennis Schmidt-Foß, stammt aus einer berühmten Synchronisationsfamilie, populär sind auch seine Brüder Florian und vor allem Gerrit. Auch Dennis Schmidt-Foß hatte bereits in vielen Hörspielen Auftritte, übernahm dabei unter anderem die neue Rolle von "Jan Tenner". Neben diversen Filmrollen war er auch für die Synchronisation von Freddy Prince jr. zuständig. Seine Stimme passt gut zum anfangs arroganten Adalbert, hat allerdings das kleine Manko, dass er ihn deutlich älter klingen lässt als Adalberts Cousin Alexander, obwohl die beiden Charakter etwa im gleichen Alter sind.

Fazit:

Nach einigen eher schwächeren Episoden mal wieder eine rundum gelungene Bibi-und-Tina-Folge, die viel Spannung, Humor und eine schöne Lehre bietet. Mit Adalbert kommt ein interessanter Nebencharakter ins Spiel, und Bibis Hexereien sorgen für ein wild-romantisches Abenteuer fernab vom Martinshof an Schauplätzen wie Wald und Höhle, das sicher auch männlichen Hörern gefallen dürfte.

Sprechernamen:


Bibi Blocksberg: Susanna Bonasewicz
Tina Martin: Dorette Hugo
Alexander: Sven-Jürgen Hasper
Adalbert: Dennis Schmidt-Foss
Graf von Falkenstein: Eberhardt Prüter
Erzähler: Gunter Schoß