7. Juli 2012

Was im Sommer geschah - Sarah Challis

Produktinfos:

Ausgabe: 2009
Seiten: 380
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Die Autorin:

Sarah Challis wurde in Buckimhamshire geboren und lebte viele Jahre in Schottland. Vor ihrer Karriere arbeitete sie als Lehrerin an einer Mädchenschule. Ihr erster Roman war "Killing Helen", weitere Werke sind u.a. "Die Farben des Glücks" und "Wüstenherz".

Inhalt:


Sommer in einem ländlichen englischen Dorf in Dorset: Die zwölfjährige Jodie ist nach der Schule spurlos verschwunden. Das Mädchen ist zwar bereits früher öfter ausgerissen, aber trotzdem befürchtet die Polizei eine Gewalttat. Alle Bewohner werden nach und nach befragt und das Verschwinden das Mädchens ist das meist diskutierte Thema im Dorf.

Für Rachel hat Jodies Verschwinden besondere Folgen. Zum einen gesteht ihr halbwüchsiger Sohn Pete, dass er das Mädchen kurz zuvor geärgert hat und sich daher schuldig fühlt. Zum anderen stellt sich das Alibi ihres Mannes Dave als falsch heraus und Rachel versucht herauszufinden, warum er gelogen hat.

Auch die frisch zugezogene New Yorker Professorin Juliet Fairweather erlebt einen Sommer der Veränderungen. Für ein halbes Jahr hat sie sich in ein Cottage in Dorset eingemietet und hat wieder Gelegenheit, die Affäre mit ihrem langjährigen Geliebten Gavin aufzunehmen. Und dann ist da noch der alte Eigenbrötler Henry Streeter, der sich seit dem Tod seines Bruders sehr zurückgezogen hat. Er erhält einen Brief, der mit einem Mal seine schmerzliche Vergangenheit wieder aufleben lässt ...

Bewertung:

Ein kleines englisches Dorf, in dem sich die Bewohner nahe stehen, ist ein prädestinierter Ausgangspunkt für dunkle Geheimnisse, auf dem Sarah Challis ihren Roman aufbaut.

Anfängliche Spannung

Zunächst geht es reizvoll los, in dem sich alle um die verschwundene Jodie sorgen und so mancher damit zu tun haben scheint. Der heranwachsende Pete fürchtet, dass seine Hänseleien das Mädchen dazu brachten, wegzulaufen und ringt tagelang mit sich, ob er die Polizei darüber informieren soll oder nicht. Seine Mutter Rachel kämpft währenddessen mit ihrem Misstrauen, denn ihr Mann Dave gab der Polizei ein falsches Alibi. Angeblich arbeitet er nebenher schwarz, aber auch sein neues Alibi stellt sich als konstruiert heraus, was Rachel aber nur heimlich erfährt. Zum einen verfolgt sie die Sorge, Dave könnte irgendetwas mit Jodies Verschwinden zu tun haben - zum anderen ängstigt sie sich, dass er eine Affäre führt. Je mehr sie ihn beobachtet, desto mehr häufen sich die seltsamen Zwischenfälle, die ihr Misstrauen und ihre Eifersucht bestärken.

Ein weiterer Handlungsstrang dreht sich um die neu zugezogene Juliet Fairweather, die für ein paar Monate ihre New Yorker Wohnung mit einem in Dorset ansässigen Professor tauscht. Für die Großstädterin, die in London ihre Mutter und ihre Tante wohnen hat, bedeutet das Leben auf dem Dorf eine große Umstellung und das Verschwinden des Mädchens ist auch für sie als Fremde direkt überpräsent. Dazu kommen ihre eigenen Probleme, denn sie bekommt wieder Gelegenheit, sich mit ihrem langjährigen Geliebten zu treffen, einem charismatischen Dozenten, den sie eigentlich nur als guten Freund haben möchte. Einerseits will sie seine Ehe nicht zerstören, obwohl sie nur eine Affäre von vielen ist, andererseits hat es für sie nie einen wichtigeren Mann gegeben als Gavin, für den sie auch stets eine besondere Person gewesen ist.

Die interessanteste Geschichte dreht sich um den einsiedlerischen Henry, der, wenn auch mittlerweile pensioniert, immer noch kleine Gartenarbeiten im Dorf verrichtet. Jahrzehntelang war er für seinen leicht zurückgebliebenen Bruder Fred verantwortlich, der für ihn die einzige Bezugsperson war und seit dessen Krebstod lässt er kaum jemanden an sich heran. Der tragische Tod seiner Mutter machte die Brüder schon als Kinder zu Waisen, was folgte waren harte Jahre bei strengen Pflegeeltern, die ihn und Fred noch enger zusammenschweißten. Jetzt erhält er einen Brief von einer bisher unbekannten Cousine, der ihn zwischen Verstörung und Freude schwanken lässt.

Recht gelungene Nebenfiguren sind Juliets Mutter, die später bei ihrer Tochter einziehen muss und die als Einzige einen Zugang zum verschlossenen Henry findet und Rachels hochschwangere Nachbarin Cathy, eine ihrer wenigen Vertrauten, die allerdings zur Neugierde neigt und bei der sich Rachel lange Zeit nicht sicher ist, wie eng ihre Freundschaft wirklich sein mag. Anfangs beherrschen die Ermittlungen zu Jodies Verschwinden die Handlung, später sind es dann die Einzelschicksale, die alle ein wenig zusammenhängen.

Einige Schwächen

Anders als der Beginn es suggeriert, ist der Roman kein Krimi. Jodies Verschwinden bildet den Aufhänger und wird zunächst groß in Szene gesetzt, klärt sich dann aber unspektakulär und wird nur noch am Rande erwähnt. Für den anfänglichen Aufwand ist das zu banal und wer berechtigterweise einen Krimi oder Thriller erwartet, wird gewiss enttäuscht. Einige der Probleme der Charaktere werden zudem aufgebauscht dargestellt und nerven durch ihre unnötig ausführliche Darstellung. Petes Sorge etwa wegen Jodies Verschwinden und seiner eventuellen Schuld scheint übertrieben und seine tagelange Panik wenig realistisch. Seine nebenbei eingeflochtene Liebesgeschichte passt nicht so wirklich in das Gesamtgefüge, denn dafür ist seine Rolle zu klein und der Bezug zu seinem Schwarm bleibt oberflächlich. Rachels Eifersucht ist zwar anfänglich ein wenig berührend, dann aber verliert ihr Charakter an Sympathie, nachdem sie sich zu viel von ihrem Mann gefallen lässt und insgesamt viel zu unreif agiert. Die Pointe in ihrem Handlungsstrang wirkt etwas aufgesetzt und hinterlässt fast schon einen moralisierenden Beigeschmack.

Juliets Geschichte wiederum ist zwar manchmal recht lustig, aber insgesamt auch zu konstruiert und aufgesetzt. Ihre Beweggründe, warum sie Gavin über all die Jahre nicht vergessen konnte und ihm als Geliebte treu blieb, trotz ihres schlechten Gewissens und trotz seiner Loyalität zu seiner Ehefrau, werden nicht recht glaubhaft dargestellt. Mit Ausnahme von Henrys Geschichte, die wirklich ein bisschen berührt, bleiben alle Stränge zu sehr an der Oberfläche und lösen sich zu einfach und zu kitschig auf.

Fazit:

Ein zu oberflächlicher Roman, der nur einen interessanten Handlungsstrang aufweist und nur zu Beginn durch Spannung überzeugen kann. Von da an handeln die Charaktere nicht glaubwürdig, die Krimihandlung löst sich im Nichts auf und der Fokus liegt auf eher kitschigen und schnulzigen Ereignissen.

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