11. Juli 2012

Miesel und der Kakerlakenzauber - Ian Ogilvy

Produktinfos:

Ausgabe: 2008
Seiten: 224
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Der Autor:

Ian Ogilvy, Jahrgang 1943, arbeitete vor allem als Schauspieler für zahlreiche TV-Serien, ehe ihm der Durchbruch als Schriftsteller mit seiner Miesel-Reihe gelang. Die Reihe umfasst bislang fünf Bände.

Inhalt:

Der zwölfjährige Miesel lebt als Waise bei seinem durch und durch unsympathischen Vormund Basil Trampelbone. Basils Haus ist ein abgelegener düsterer Kasten, über dem stets eine Regenwolke schwebt. Der arme Miesel wird Tag und Nacht eingesperrt, bekommt nur spärlich zu essen und lebt in beständiger Angst. Basil ist ein hagerer Mann mit bleichem Gesicht, ungepflegt und voller Drohungen. Miesels einzige Freude ist der Dachboden, auf dem Basil eine naturgetreue Stadt mit einer Modelleisenbahn errichtet hat. Wenn Basil dort spielt, darf Miesel manchmal zuschauen.

Eines Tages versucht Miesel, heimlich endlich mal allein mit der Eisenbahn zu spielen, wird aber prompt von Basil ertappt. Dank seiner magischen Kräfte verkleinert Basil den Jungen auf zwei Zentimeter verkleinert und steckt ihn in die Modellstadt. Dort trifft Miesel andere, ebenfalls verkleinerte Menschen, die durch Basils Donutkrümel zu Plastik wurden. Glücklicherweise gelingt es ihm, sie durch seinen Karottenvorrat wieder lebendig zu machen. Der überlegte Elektriker Frank, der hünenhafte Schreiner Kip, die alte Hexerforscherin Prudence, die kleine Pfadfinderin Kitty, die vornehme Stadträtin Lady Grant, der belesene Vertreter Wiliam - sie alle haben Basil gestört und wurden aus dem Weg geräumt.

Offenbar ist Basil ein Hexer, der vor nichts zurückschreckt. Irgendwie müssen die sieben Freunde einen Weg finden, sich wieder zu vergrößern. Eine Flucht aus der Stadt scheint bei ihrer Winzigkeit zu gefährlich, tagsüber fürchten sie, von Basil entdeckt und erneut verzaubert zu werden, nachts bedroht sie das Fledermaus-Monster, das unter dem Dach lebt und Jagd auf sie macht ...

Bewertung:

Sie erinnert ein wenig an Lemony Snicket, die Geschichte vom kleinem, tapferen Miesel, der sich gegen den bösen Vormund erwehren muss. Das zeigt sich nicht nur in der groben Handlung, sondern vor allem auch in der ironisch-witzigen Überzeichnung, die das Buch auch für Erwachsene interessant macht. Es handelt sich zwar um den ersten band einer ganzen Reihe um Miesels Abenteuer, ist aber auch gut eigenständig zu lesen mit einem vorerst abgeschlossenen Ende, das nicht sogleich nach einer Fortsetzung schreit.

Skurriler Humor

Ian Ogilvy kreiert in seinem ersten Miesel-Band eine Reihe absurd-amüsanter Situationen voller satirischer Elemente. Nicht nur, dass Miesel in einem finsteren Kasten von einem Haus leben muss, es hängt auch noch tagein tagaus eine kleine Regenwolke darüber, deren Ableger Basil bei seinen seltenen Ausgängen treuherzig begleitet. Basils ungepflegtes Aussehen lässt einen Severus Snape wie einen Adonis wirken und seine Unterrichtskünste beschränken sich auf die Lehre, dass zwei plus zwei angeblich siebenhundertdreiundvierzig ergibt. Alles könnte todtraurig sein, wenn nicht schon wieder so übertrieben wäre, dass es zum Lachen reizt - und das gilt teilweise ebenso für die karikierten Charaktere, schon allein für Miesels Namen, der eigentlich ganz anders lautet, ihm aber, weil er so gut zu seiner Lage passt, von Basil verliehen wurde. Lady Grant etwa ist eine vornehme Dame, die ganz besonders unter den erniedrigenden Umständen leidet. Selbst in den dramatischsten Situationen denkt sie an ihre teure Kleidung und sieht es sehr ungern, wenn ihre Schuhe zweckentfremdet werden. Wiliam ist ein leicht überdrehter Vertreter von Lexika, der in seinem alten Leben unter einem despotischen Chef gelitten hat, den er immer wieder gerne als Vergleich heranzieht. Der ungleich zusammengewürfelte Haufen wird auf eine harte Probe gestellt, denn es gilt trotz aller Verschiedenheit, das Problem gemeinsam zu lösen, auch wenn es zwischen manchen von ihnen immer wieder zu Sticheleien kommt.

Spannende Handlung

Die straffe Handlung ist auf ein Ziel ausgerichtet: Den widerwärtigen Basil bekämpfen und gleichzeitig die normale Größe wiederzuerlangen. Wie genau das geschehen soll, müssen sich die unfreiwilligen Liliputaner erst einmal erarbeiten. Zusätzliche Gefahr kommt durch "Kuschelmaus", das blutgierige Fledermauswesen ins Spiel, das nachts Jagd auf alles Lebendige in der Spielzeugstadt macht und in der Vergangenheit schon ein paar Unglückliche geraubt hat. Die Handlung erlaubt sich keine unnötigen Längen. Die Freunde stellen gewagte Pläne auf, bei denen Miesel als Lockvogel eingesetzt wird. Mit viel Einfallsreichtum nutzen sie die Möglichkeiten der Modellstadt aus. Vor allem Elektriker Frank und Schreiner Kip setzen ihre speziellen Fertigkeiten auf phantasievolle Weise ein, um die Stadt in aller Kürze so umzumodeln, dass man sie als Versteckt und sogar als Falle gegen Basil verwenden kann. Natürlich gibt es reichlich brenzlige Situationen, in denen Basil und sein Kuschelmonster den kleinen Leuten näher kommt, als ihnen lieb ist. Schließlich kommt auch noch eine robuste Kakerlake ins Spiel, die den Freunden nach dem Leben trachtet. Der Tod ist eine realistische Bedrohung, dennoch werden Kinder an keiner Stelle des Romans verstört, denn natürlich gehen die waghalsigen Unternehmungen der Freunde letztlich gut aus.

Grundsätzlich ist die Geschichte für Grundschulkinder gut verständlich, vor allem sind die Sätze kurz und sehr überschaubar gehalten. Der trockene Humor richtet sich eher an Leser um die zehn Jahre, die sich auch in den kaum älteren Miesel wohl am besten hineinversetzen können.

Ein paar Schwächen


Aufgrund der Kürze des Buches bleibt kaum aus, dass die meisten Charaktere eher Stereotypen bleiben, die zwar witzig sind, aber dabei bleibt es leider auch. Schon nach der ersten Begegnung mit jeder neuen Figur ist ihr Charakter klar, Überraschungen gibt es dabei kaum, jeder folgt dem Muster, das für ihn ausgesucht wurde. Leider gilt das auch zu großen Teilen für Miesel, der einfach ein beliebiger Junge sein könnte - was natürlich auch an der Handlung liegt, die nicht viel Spielraum für Individualität lässt. Überhaupt hätte man die Handlung mit noch weiteren Details versehen können. Vor allem die Modellstadt wird zu wenig beschrieben, gerade ihre Möglichkeiten als Schauplatz werden etwas zu wenig ausgereizt. Es ist zwar schön, dass die Handlung keine Längen besitzt, aber manchmal fühlt man sich als Leser zu sehr durchgehetzt, anstatt ein paar Sätze mehr auf Schilderungen zu verwenden.

Fazit:

Ein gut lesbarer, unterhaltsamer Kinderroman mit viel Magie, an den auch ältere Leser ihre Freude haben können. Besonders gelungen ist der trockene Humor mit den vielen Überzeichnungen. Etwas negativ fallen dagegen die zu flachen Charaktere und allgemein die unnötige Kürze der Geschichte auf.


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