5. Juni 2012

Waldesruh - Susanne Mischke

Produktinfos:

Ausgabe: 2009
Seiten: 209
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Die Autorin:

Susanne Mischke, Jahrgang 1960, studierte zunächst BWL und arbeitete u. a. als Journalistin und Schauspielerin, ehe sie 1994 ihren ersten Krimi "Stadtluft" veröffentlichte. Seitdem lebt sie als freie Autorin und hat bislang über ein Dutzend Romane herausgebracht. Weitere bekannte Werke sind "Mordskind", "Die Eisheilige", "Das dunkle Haus am Meer" und "Wölfe und Lämmer".

Inhalt:

Seit die vierzehnjährige Emily aus Köln wegen der Arbeit ihres Vaters in einen Vorort von Hannover gezogen ist, fühlt sie sich sehr einsam. Ihre einzige neue Freundin ist die jüngere Marie, die eine Klasse übersprungen hat und von den Schulkameraden als Streberin gehänselt wird. Marie wiederum lebt mit ihrer sechzehnjährigen Schwester Janna und dem kleinen Bruder Moritz bei der Großmutter, über ihre Eltern spricht sie nicht. An einem Nachmittag fährt Emily spontan zum abgelegenen Häuschen, um Marie zu besuchen. Im Garten trifft sie auf die beiden Schwestern, die gerade eine schreckliche Entdeckung gemacht haben: Ihre Großmutter hat einen Herzanfall erlitten und ist tot.

Die bestürzte Emily will sofort die Polizei rufen, doch die Schwestern halten sie davon ab. Sie wollen auf gar keinen Fall wieder in eine Pflegefamilie. In ihrer Verzweiflung beschließen sie einen heiklen Plan: Der Tod der Großmutter muss verheimlicht werden. Sie hatte keine Freunde oder Bekannte, Einkäufe und Erledigungen haben die Mädchen ohnhin fast immer allein unternommen. Mit dem Kindergeld und der Witwenrente wollen sie die nächsten beiden Jahre leben, bis Janna volljährig ist und das Sorgerecht für ihre jüngeren Geschwister übernehmen kann.

Notgedrungen erklärt sich Emily bereit zu helfen. Die drei beerdigen die alte Frau im Wald, lenken den kleinen Moritz mit Ausreden ab und versuchen, so unauffällig wie möglich weiterzuleben. Doch schon bald tauchen erste Probleme auf. Ein Fremder schleicht ums Haus herum, ein Anrufer spricht von einem Ultimatum. Offenbar hatte ihre Großmutter ein dunkles Geheimnis ...

Bewertung:

Drei Teenager mit einem Geheimnis bilden die interessante Ausgangslage für diesen Thriller, der sich vor allem an Jugendliche ab etwa vierzehn Jahren richtet, aber auch von Erwachsenen gut gelesen werden kann.

Spannende Ausgangslage

Die Idee ist äußerst vielversprechend, denn das Geheimnis ist ständig in Gefahr, entdeckt zu werden. Die Beweggründe der Schwestern sind einleuchtend: Emily erfährt erst jetzt, dass Maries Vater vor vielen Jahren bei einem Umfall ums Leben kam und ihre Mutter mit Alkoholproblemen in der Psychatrie sitzt. Die Geschwister haben bereits mehrere Pflegefamilien erlebt und wurden zeitweise sogar getrennt, was ihnen besonders zugesetzt hat. Vor allem den sechsjährigen Moritz wollen sie es nicht zumuten, bei Fremden aufwachsen zu müssen. Der Plan ist verrückt, aber naheliegend: Die alte Frau kam nur selten ins Dorf, Geldabhebungen mit der EC-Karte hat ohnehin Janna übernommen, seit Jahren gab es keinen Besucher, sodass Frau Holtkamps Abwesenheit für längere Zeit niemandem auffallen dürfte.

Glücklicherweise sind auch gerade Sommerferien, sodass die Mädchen genug Zeit haben, um sich Details zurechtzulegen. Emily steckt zunächst in einem Zwiespalt, denn für sie ist das ganze Vorhaben ungeheuerlich, aber nach dem ersten Schock ist es keine Frage für sie, dass sie zu ihrer neuen besten Freundin und deren Schwester hält und sie nicht verpetzt. Obwohl die Mädchen scheinbar sehr gute Voraussetzungen haben, den Tod der Großmutter verbergen zu können, lauern überall Gefahren. Ab und zu gibt es doch Nachfragen aus dem Dorf, warum sich Frau Holtkamp so lange nicht mehr hat blicken lassen, Emilys Eltern wollen sie am Telefon sprechen, und die Geschwister verhaspeln sich bei den nicht miteinander abgesprochenen Ausreden für die Abwesenheit ihrer Großmutter. All diese Probleme können zunächst haarscharf gelöst werden, aber die Mädchen stehen unter ständigem Stress.

Nicht nur die äußeren Einflüsse werfen Probleme auf, auch Konflikte unter den Geschwistern sorgen für Spannung. Die sechzehnjährige Janna ist zwar für ihr Alter durchaus schon recht reif und versteht es, die Erwachsenenrolle zu übernehmen. Aber sie hat auch unvernünftige Phasen, was sich etwa darin zeigt, dass sie gegen den Willen ihrer Schwester ihren neuen Freund, mit dem sie gerade zwei Wochen zusammen ist, in das Geheimnis einweiht.

Ebenso riskant ist die wilde Party, die sie gibt, kurz nachdem sie das Zimmer der Großmutter renoviert und als ihr eigenes bezogen hat. Nicht nur, dass natürlich Fragen aufkommen, wo die Großmutter nach ihrem angeblichen Krankenhausaufenthalt wohnen soll, sondern es fließt auf der Feier auch reichlich Alkohol, und es kümmert Janna zunächst nicht, dass sogar der kleine Moritz abgefüllt wird. Umgekehrt ist die hochbegabte Marie, die gerade eine Klasse übersprungen hat, für ihre Schwester oft zu grüblerisch und eine Spaßverderberin. Und dann ist da noch Moritz, den die Abwesenheit seiner Oma verwirrt und der die Mädchen mit seinen Launen ständig auf Trab hält.

Einige Schwächen

Während der Anfang sehr verheißungsvoll ist, lässt die Handlung im zweiten Teil des Buches deutlich nach. Hier steht nicht mehr so sehr der Tod der Großmutter im Vordergrund, sondern die Erpressung durch einen Unbekannten, der offenbar mit Frau Holtkamp ein düsteres Geheimnis teilte, das die Mädchen zunächst nicht kennen. Anders als es der Klappentext suggeriert, spielt bei der Erpressung keine Rolle, ob die Großmutter verstorben ist oder nicht, dem Unbekannten geht es um etwas ganz anderes. Die Mädchen werden in einen Kriminalfall verwickelt und betätigen sich als Hobby-Detektive. Gerade die beiden jüngeren Mädchen agieren dabei für ihr Alter nicht besonders realistisch, die ganze Räuberpistole lenkt von der eigentlichen Handlung unnötig ab, und es wäre besser gewesen, es bei dem reinen Vertuschungsmanöver zu belassen.

Unrealistisch ist auch, dass die Mädchen zu wenig den kleinen Moritz in ihre Pläne einbeziehen. Sie erzählen ihm lediglich, dass die Großmutter im Krankenhaus liege, und kümmern sich kaum darum, ob er diese Neuigkeit im Dorf herumerzählt. Auch als er schließlich vom Tod der Oma erfährt, sorgen sich die Schwestern kaum darum, dass er es ausplaudern könnte. Viel zu unbesonnen ist natürlich auch Jannas Party, während sie für die Einweihung des Freundes noch triftige Gründe findet. Letztlich ist zudem das Ende ein wenig dick aufgetragen und setzt zu sehr auf ein Actionspektakel.

Fazit:

Ein Jugendthriller mit viel Licht und Schatten. Einerseits ist das Buch sehr leicht zu lesen und besticht durch eine sehr interessante und spannende Grundidee. Andererseits verliert sich die Handlung im weiteren Verlauf zu sehr in einen unnötig eingeflochtenen Kriminalfall, und die Handlungsweisen der Figuren sind nicht immer nachvollziehbar.

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