4. Juni 2012

Missing - Chris Mooney

Produktinfos:

Ausgabe: 2009
Seiten: 384
Amazon
* * * * *
Der Autor:

Chris Mooney studierte Englisch an der Universität von New Hampshire und lebt seit 2000 als freier Autor. Seine bekanntesten Werke sind "Victim" und "Secret", die den Anfang seiner Reihe um die Ermittlerin Darby McCormack machen. Er lebt heute mit seiner Frau in Boston.

Inhalt:

Winter in Belham: Die sechsjährige Sarah will unbedingt auf den Hügel zum Schlittenfahren, obwohl ihre Mutter Jess es ihr verboten hat. Ihr Vater Mike lässt sich überreden und begleitet sein Töchterchen auf den Hang. Während er in ein Gespräch verwickelt wird, darf Sarah mit ihrer Freundin Paula losziehen. Kurz darauf verlieren sich die Mädchen aus den Augen - und Sarah ist verschwunden. Mike sucht verzweifelt im aufkommenden Schneesturm nach seiner Tochter, findet aber nur ihre Brille, ohne die sie hilflos ist. Auch die Polizei kann Sarah nicht finden. Der einzige Zeuge ist der elfjährige Jimmy, der gesehen hat, wie ein Mann Sarah an der Hand nahm.

Fünf Jahre später: Sarah ist immer noch verschwunden, die Ehe ihrer Eltern inzwischen zerbrochen. Mike hat den Verlust nicht verkraftet und kämpft mit Alkoholproblemen, während seine Frau ein neues Leben beginnt. Der ehemalige Priester Francis Jonah steht seit Jahren unter Tatverdacht, doch stichhaltige Beweise für eine Anklage gab es nie. Mike ist überzeugt davon, dass Jonah schuldig ist, und hofft insgeheim immer noch, dass Sarah lebt.

Doch Francis Jonah ist schwer krebskrank und liegt im Sterben, die Ärzte geben ihm nur noch Tage oder maximal wenige Wochen. Mike versucht alles, um ihn zu einem Geständnis zu bringen, ehe er sein Geheimnis womöglich ins Grab nimmt. Obwohl Jonah stets seine Unschuld beteuerte, sprechen die Indizien gegen ihn, und für Mike läuft die Zeit ab ...

Bewertung:

Entführte Kinder sind ein gern gewähltes und dankbares Thema für Thriller, gewährleisten sie doch eine emotional aufgeladene Handlung, die den Leser gleichzeitig fesselt und rührt. Chris Mooney legt hier einen soliden Thriller vor, der zwar keine Höchstbewertung verdient, aber allemal gute Unterhaltung bietet und vor allem schnell und leicht zu lesen ist.

Spannende und bewegende Handlung

Bis kurz vor Schluss heißt es Rätselraten, wer für Sarahs Verschwinden verantwortlich ist und ob sie vielleicht noch lebt. Mikes Suche zeigt all seine Verzweiflung und nicht enden wollende Hoffnung und ist besonders mitreißend, weil er nahezu auf sich allein gestellt ist. Seine Exfrau hat das Verschwinden der Tochter halbwegs akzeptiert und fängt ein neues Leben ohne ihn an, die Polizei reagiert ihm zu lethargisch auf neue mögliche Hinweise, seine Freunde raten ihm dazu, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Für Mike ist es ein Kampf gegen Windmühlen, denn er kann nicht akzeptieren, Sarahs Schicksal womöglich nie zu erfahren.

Trotz aller Indizien, von denen im Verlauf der Handlung noch einige dazukommen, ist der Leser unschlüssig, ob wirklich Francis Jonah hinter Sarahs Verschwinden steckt. Der todkranke Mann ist auch angesichts des Todes zu keinem Geständnis zu bewegen, was gerade angesichts seiner Vergangenheit als Geistlicher ungewöhnlich wirkt. Mike kommt mehrfach in Versuchung, Selbstjustiz an ihm zu verüben, obwohl er nach einem Angriff bereits unter strengsten Bewährungsauflagen steht. Seine Suche nach Sarah rührt unweigerlich an, ist aber auch überwiegend fesselnd, da sich ganz allmählich neue Hinweise einschleichen und er der Wahrheit Stück für Stück näher kommt, unterstützt von einer alten Freundin und einer resoluten Privatdetektivin.

Ungewöhnlich für den Thriller ist, dass alle Taten bereits Jahre zurückliegen und kein neuer Mord- oder Entführungsfall geschieht, was der Spannung aber nicht abträglich ist. Die Auflösung ist nicht zu früh zu erahnen und recht plausibel, wenngleich Mike beim Erkennen der Zusammenhänge ein bisschen per Zufall auf die Sprünge geholfen wird. Man braucht gewiss keine große Konzentration, um der Handlung zu folgen, die nicht besonders verstrickt oder wendungsreich ist. Der Roman stellt keine große Anforderungen an den Leser, ohne dabei zu seicht oder anspruchslos zu sein, und verzichtet im Gegensatz zu den meisten anderen Thrillern auf Gewaltszenen, sodass zarte Gemüter nur durch das Thema Kindesentführung an sich verstört werden könnten.

Vor allem im Mittelteil des Romans dreht sich die Handlung nicht nur um Sarah, sondern auch um Mikes Mutter, die ihn im Kindesalter zurückließ und in ihre Heimat Paris zurückkehrte. Mike hat allen Grund zu glauben, dass sein Vater Lou, ein gewiefter Verbrecher, der immer schon zur Brutalität gegen seine Frau neigte, sie in Paris aufgesucht und ermordet hat. Auch das Schicksal seiner Mutter wird wieder aktuell, und Mike erfährt mehr über seine Familie als jemals zuvor. Es ist für Mike nicht nur die Suche nach zwei Angehörigen, sondern auch ein neuer Abschnitt in seinem Leben, das er nur beginnen kann, wenn er endlich Klarheit findet über den Verbleib seiner Tochter und seiner Mutter - egal, wie schmerzhaft die Wahrheit auch sein mag.

Ein paar Schwächen

Der Klappentext enthält leider einen irreführenden Fehler, dort heißt es nämlich, dass während Mikes Suche nach dem Verbleib seiner Tochter ein weiteres Mädchen verschwindet - davon ist im Buch aber keine Rede, was sicherlich die Leser ärgert, die sich von einem aktuellen Fall zusätzliche Spannung versprochen haben. Der Teil über Mikes Familie ist zudem ein wenig zu ausufernd geraten. Manchmal geht es seitenweise nur um seine Ehe mit seiner Exfrau, die Vergangenheit seines Vaters und die Suche nach seiner Mutter in Paris, und Sarahs Schicksal rückt in den Hintergrund. Einerseits ist es interessant, die beiden grundverschiedenen Fälle miteinander zu verbinden, andererseits lenken diese Phasen von der eigentlichen Haupthandlung ab.

Weiterhin kommt der Sprung zwischen Sarahs Verschwinden 1999 und der Gegenwart etwas zu radikal angesichts der vielen Veränderungen. Zu guter Letzt sind die Nebenfiguren gegenüber Mike etwas zu blass geraten. Seine Exfrau Jess bleibt nur eine Schablone ohne individuelle Charaktereigenschaften, es gibt keinen markanten Ermittler, auch Mikes Freund Bill erscheint zwar sympathisch, aber zu unbedeutend. Erst seine alte Freundin Sam und die burschikose Detektivin Nancy bringen im späteren Verlauf wieder etwas Farbe ins Spiel, ansonsten ist der Roman arm an interessanten Figuren, auch wenn das nicht so stark ins Gewicht fällt, da Mike eindeutig im Mittelpunkt steht.

Fazit

Ein überwiegend spannender Thriller über ein vermisstes Mädchen, der vor allem dank der Hauptfigur recht bewegend ist. Ein paar Schwächen verhindern, dass das Buch ein absolutes Highlight ist, aber für Thrillerleser auf alle Fälle eine empfehlenswerte Lektüre, die sich locker in ein bis zwei Tagen durchlesen lässt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.