27. Juni 2012

In Todesangst - Linwood Barclay

Produktinfos:

Ausgabe: 2010
Seiten: 448
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Der Autor:

Linwood Barclay studierte zunächst Literatur und arbeitete als Journalist in Kanada. Er begann eine Krimireihe, die bislang nicht in deutsch übersetzt wurde. 2007 erscheint sein Thriller "Ohne ein Wort", der ihn sofort zum Bestsellerautor machte. Weitere Werke sind "Dem Tode nah" und "Weil ich euch liebte".

Inhalt:


Nach seiner Scheidung und dem Untergang seiner eigenen Firma arbeitet Tim Blake als Autohändler. Sein Gehalt ist durchschnittlich, es gibt immer wieder Auseinandersetzungen mit Bob, dem neuen Partner seiner Ex-Frau, und auch die 17-jährige Tochter Sydney ist nicht gerade einfach. Eines Abends kommt Sydney nicht von ihrem Ferienjob im Hotel nach Hause.

Als der besorgte Tim im Hotel nachfragt, trifft ihn der Schock: Niemand scheint Sydney dort zu kennen, geschweige denn, dass sie dort gearbeitet haben soll. Sofort meldet Tim seine Tochter als vermisst und richtet eine Suchseite im Internet ein. Die Polizei reagiert aber zurückhaltend und vermutet, dass Sydney wegen Streitigkeiten für ein paar Tage ausgerissen ist.

Dann aber ergeben sich dramatische Wendungen: Sydneys Auto wird mit Blutspuren gefunden. Zudem will die Mitarbeiterin einer sozialen Einrichtung Sydney in Seattle gesehen haben. Überglücklich fliegt Tim direkt nach Seattle - doch in jener Einrichtung kennt niemand diese Frau, ebensowenig wie Sydney. Als Tim verzweifelt nach Hause zurückkehrt, hat jemand seine Wohnung demoliert. Immer mehr deutet darauf hin, dass Sydney in üble Machenschaften verwickelt war. Zu allem Überfluss wird Tim selbst allmählich für die Polizei zum Verdächtigen ...

Bewertung:

Mit "In Todesangst" bleibt Linwood Barclay seinem bewährten Schema treu, das bereits seine vorherigen Thriller zu Bestsellern machte: Wie schon in "Kein Entkommen" verschwindet eine geliebte Person des Protagonisten und er gerät selbst ins Visier der Ermittler als möglicher Mörder. In in "Ohne ein Wort" verschwand gar eine ganze Familie und die Frau des Protagonisten wird als Verdächtige gehandelt, in "Dem Tode nah" wird der Sohn der Hauptfigur Zeuge eines Mordes und der Tat verdächtigt. Stets wird der Protagonist daraufhin selbst zum Ermittler und versucht, sich bzw seine Frau oder seinen Sohn von dem Verdacht zu befreien.

Die Parallelen liegen also auf der Hand. Die ersten beiden Drittel des Romans sind dennoch überzeugend und fesselnd. Hauptfigur Tim Blake ist zwar keine besonders markante Figur und erinnert doch stark an die Protagonisten der früheren Werke, aber er eignet sich gut als Identifikationsfigur. Tim ist vom Leben derzeit ohnehin nicht gerade sehr begünstigt und das Verschwinden seiner Tochter setzt dem die Krone auf. Seine Verzweiflung ist spürbar, seine Gedanken zwischen Hoffen und Bangen sind nachvollziehbar. Einerseits geht er mechanisch seiner Arbeit nach, andererseits schaut er in jeder freien Sekunde auf der Webseite nach möglichen Hinweisen und durchforstet die Stadt mit Sydneys Bild. Er entwirft eigene Theorien und vermutet beispielsweise, dass Ethan mit Sydneys Verschwinden zu tun haben könnte - Ethan ist der Sohn von Bob, dem neuen Freund seiner Exfrau Susanne, der sich reichlich merkwürdig verhält. Den ganzen Tag über lungert er in seinem Zimmer am Computer herum, neuerdings verschwinden in seiner Umgebung Geld und Wertgegenstände und Tim glaubt Ethan nicht, dass er an seiner hübschen Stiefschwester kein Interesse hatte. Aber auch den jungen Blumenlieferanten hat er unter Verdacht, der auffallend schnell behauptet, Sydney nie gesehen zu haben und sich dabei kaum das Bild anschaut. Gemeinsam mit Tim spinnt sich der Leser seine Theorien zusammen, die immer wieder neues Futter bekommen. Besonders brisant wird es, als auch noch Syds beste Freundin Patty verschwindet - nachdem sie mit Tim zusammen gesehen wurde. Die Polizei wird plötzlich Tims Feind, sie verdächtigen ihn, für das Verschwinden der beiden jungen Frauen verantwortlich zu sein und abgesehen von seiner Exfrau hat er nun niemanden mehr, der ihn unterstützt. Für Spannung und Abwechslung ist also durchaus gesorgt und der Leser rätselt gerne mit, was mit Sydney geschehen ist.

Im letzten Drittel allerdings verliert der Thriller an Klasse. Die Wendungen werden reichlich übertrieben und Tim erinnert leider viel zu sehr an einem Actionhelden, der schier Unmenschliches leistet. Die körperlichen wie seelischen Belastungen, die mit den immer wieder neuen Entwicklungen auf ihn einprasseln, meistert er viel zu gut. Egal ob er mehrmals knapp Mordanschlägen entkommt oder von der Polizei gesucht wird, irgendwie schafft er es immer, klaren Kopf zu behalten und sich aus der Affäre zu ziehen. Unter diesen Entwicklungen leidet die Glaubwürdigkeit erheblich. Auch die Auflösung, was hinter Sydneys Verschwinden steckt, ist nicht in allen Punkten überzeugend. Vor allem die Handlung einer Person, die darin verwickelt ist, erscheint recht hanebüchen und zu melodramatisch. Nach der überzeugenden ersten Hälfte enttäuscht das Ende etwas, sodass das Werk insgesamt nicht an die Vorgänger heranreicht - allerdings bietet es immer noch solide Thrillerkost für Fans dieses Genres.

Fazit:

Unterm Strich liegt hier ein kurzweiliger und spannender Thriller vor, der sich thematisch an die vorherigen Werke des Autors einreiht. Das letzte Drittel allerdings lässt Glaubwürdigkeit vermissen und ist zu übertrieben actionlastig gestaltet. Nicht das Beste von Linwood Barclay, aber insgesamt solide.

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