27. Juni 2012

Die Maske des Roten Todes - Edgar Allan Poe

Produktinfos:

Ausgabe: 2010
Länge: 65 Minuten
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Der Autor:

Edgar Allan Poe lebte von 1809 bis 1849. Der amerikanische Schriftsteller gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Kriminal- und Gruselliteratur. Zu seinen bekanntesten Werken zählen "Die Morde in der Rue Morgue", "Metzengerstein" und das Gedicht "Der Rabe".

Inhalt:

Europa, Mitte des 18. Jahrhunderts: Eine schreckliche Seuche wütet überall, genannt der "rote Tod". Die Kranken bluten aus jeder Pore und sterben qualvoll, es gibt kein Heilmittel. Die Schausteller Hopp-Frosch und Tripetta fliehen aus ihrem Wanderzirkus in Italien, nachdem dort alle außer ihnen erkrankten und sie niemandem mehr helfen konnten. Hopp-Frosch hat verkrüppelte Beine und arbeitet als Luftakrobat, die kleinwüchsige Tripetta ist Tänzerin.

Unterwegs treffen sie den reichen Prinz Prospero und dessen Gefolge, die sie ins nächste Dorf mitnehmen. Prospero kümmert sich nicht um das Leid seiner Untertanen. Stattdessen will er sich und seine Freunde mit ausreichend Verpflegung in seinem Landsitz, einer alten Abtei, verbarrikadieren und dort so lange fröhliche Feste feiern, bis die Seuche das Land verlassen hat. Er bietet Hopp-Frosch, dem er diesen Spitznamen verpasst, und Tripetta an, als seine Hofnarren mitzukommen. Notgedrungen nehmen die beiden an, denn auch im Dorf sind alle Menschen erkrankt.

In der Abtei sind die beiden zwar sicher vor der Seuche, leiden aber unter den ständigen Hänseleien. Schließlich sollen sie ein Fest organisieren, das alle vorherigen an Originalität noch übertreffen muss. Hopp-Frosch schlägt einen Maskenball vor, der nacheinander in sieben farbig gestalteten Räumen stattfinden soll. Prinz Prospero ist begeistert. Doch er ahnt noch nicht, dass Hopp-Frosch einen besonderen Plan verfolgt - und zudem ein besonderer Gast dabei sein wird ...

Bewertung:

"Die Maske des roten Todes" gehört sicherlich zu Poes populärsten Erzählungen, nicht so sehr aber der "Hopp-Frosch", der hier geschickt miteingeflochten wurde. Die beiden eigenständigen Geschichten werden wunderbar miteinander verwoben und machen das Hörspiel so auch für Kenner der Vorlagen interessant, da man nicht weiß, welche Elemente wie verarbeitet wurden. Da ist zum einen die Erzählung um die furchtbare Seuche, die an eine Mischung aus Pest, Cholera und Tuberkulose erinnert. Prinz Prospero verschließt die Augen vor dem Leid seiner Landsleute und sorgt sich nur um sein eigenes Wohlergehen. Dekadent feiert er prächtige Feste im Innern der Abtei, ohne sich dabei an den grauenvollen Ereignissen zu stören, die außerhalb der schützenden Mauern im Land vorgehen. Auch wer die Poe-Geschichte nicht gelesen hat, ahnt, dass sein Hochmut bestraft werden wird - seine Arroganz gegenüber den Untertanen und speziell gegenüber Hopp Frosch und Tripetta, die er gern demütigt. Diese beiden Figuren stammen ursprünglich aus der Geschichte "Hopp-Frosch". Auch hier wird ein feudales Fest gefeiert, was den Verknüpfungspunkt der beiden Erzählungen bildet. Das Unterfangen, zwei eigenständige Geschichten zu einem Hörspiel zu verarbeiten, ist gewagt, aber hervorragend gelungen. Jede für sich allein birgt schon eine Menge Spannung und Schrecken, gemeinsam bilden sie eine neue Erzählung voll beklemmender Stimmung, die sich in Richtung Finale immer weiter zuspitzt. Nur wer sich vom Titel täuschen lässt und eine werkgetreue Umsetzung der "Maske des roten Todes" erwartet, könnte im ersten Moment enttäuscht werden.

Die Atmosphäre wird großartig eingefangen. Die Handlung ist frei von Längen und entwickelt sich ganz allmählich auf ein schauriges Finale hin. Immer wieder gibt es unheilvolle Momente: Manche Personen haben Vorahnungen, und über allem schwebt das grausige Wissen, was vor den Toren der Abtei im Land vor sich geht. Die akustische Untermalung ist wie bei der ganzen Reihe üblich sehr gut gemacht, allen voran die unheimlichen schweren Uhrenschläge, die zu jeder vollen Stunde, wenn ein Saalwechsel ansteht, den Gästen wie auch den Hörern Schauer über den Rücken jagen. Horror ist das Hörspiel nicht, aber allemal sehr effektvoll und gruselig. Mit jeder Stunde wird manchen Gästen mulmiger zumute, die Ereignisse laufen aus dem Ruder, aber Prinz Prospero, der selbst zugibt, eine Vorliebe für "alles Absonderliche" zu haben, genießt jede Minute. Das Finale versteht es noch einmal, alles Vorherige zu übertreffen und schauderhafte Beklemmung auszulösen.

Die Sprecher sind ideal für ihre Rollen ausgewählt. Das fängt schon mit Hasso Zorn als Erzähler an, der die Geschichte mit rauer, leicht gebrochener Stimme einleitet und am Ende beschließt. Ernst Meincke gibt den selbstgefälligen Prinz Prospero, seine Arroganz ist subtil und wird durch seine angenehme Stimme ein wenig gemildert, gerade so sehr, um die Rolle nicht zu übertreiben. Seine Stimme kennt man vor allem als deutsche Version von Patrick Stewart (etwa Captain Picard aus "Star Trek - The Next Generation") und Terry O' Quinn (Locke in "Lost"). Sven Plate ist mit seiner recht hellen, leicht gepressten Stimme ohnehin prädestiniert für skurrile Charaktere, so sprach er etwa Screech in "California Highschool", Bugs Bunny und aktuell den überdrehten Jay in der Hörspielreihe "Point Whitmark". Daniela Reidies ist ebenfalls sehr gut als Tripetta, ihre hohe, leicht kieksende Stimme, die oft in Trickfilmen eingesetzt wird, passt natürlich perfekt zu der Rolle der kleinwüchsigen Tänzerin. Erwähnenswert ist außerdem Reinhilt Schneider als Prosperos Gespielin Guilietta. Schneider ist die Grande Dame der Europa-LPs, die in unzähligen Märchenhörspielen mitwirkte, populär auch als Hexentochter in der Reihe "Die Hexe Schrumpeldei" und als Jenni in "Hanni und Nanni".

Fazit:

Eine erstklassige Umsetzung zweier Poe-Erzählungen, die von Anfang bis Ende wunderbar unterhält. Das Hörspiel ist mit sehr guten Sprechern besetzt, strahlt viel Atmosphäre aus, ist spannend und gruselig. Insgesamt sicher eines der besten Werke der Reihe und für alle Gruselfans ein Muss.

Sprechernamen:

Hopp-Frosch: S. Plate
Tripetta: D. Reidies
Prinz Prospero: E. Meincke
Giulietta: R. Schneider
Roter Tod: A. Lutter
Erzähler: H. Zorn

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