15. Juni 2012

Das Haus des Richters - Bram Stoker

Produktinfos:

Erscheinungsjahr: 2010
Laufzeit: 60 Minuten
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Der Autor:

Bram Stoker wurde 1847 in Dublin geboren und starb 1912 in London. Außer als Schriftsteller arbeitete er u. a. als Journalist und Theaterkritiker. Sein mit großem Abstand bekanntestes Werk ist der Vampirroman "Dracula", der eines der berühmtesten Horrorwerke aller Zeiten ist. Daneben verfasste er noch eine Reihe weiterer Romane und Kurzgeschichten, ehe er frühzeitig starb und den großen Ruhm nicht mehr erlebte.

Inhalt:

England, Ende des 19. Jahrhunderts: Der Mathematikstudent Malcolm Malcolmson steht kurz vor dem Examen und sucht zum Lernen ein abgeschiedenes Haus, das er für eine Weile mieten kann. In Benchurch entdeckt er ein eindrucksvolles, leer stehendes Haus, das beinah wie eine Festung wirkt. Zu seiner Freude bietet der Makler ihm an, das ganze Haus mietfrei zu bewohnen. Da das "Haus des Richters", wie es nach seinem frühen Besitzer genannt wird, einen schlechten Ruf hat, ist ein neuer Bewohner gern gesehen.

Malcoms Pensionswirtin Mrs. Witham reagiert mit einem Schaudern, denn in dem Haus soll es angeblich spuken. Malcolm aber hält nichts von Aberglaube und zieht erwartungsvoll ein. Mrs. Witham beschafft ihm Vorräte, die Haushälterin Mrs. Dempster kümmert sich um die Ordnung, aber nach Einbruch der Dunkelheit möchte keine im Haus sein.

Anfangs genießt Malcolm die Ruhe, die ihm eine ideale Lernatmosphäre verschafft. Nur die Ratten hinter den Dielen machen kratzende Geräusche. Besonders eine scheint ihn sogar zu fixieren. Zudem bekommt Malcolm unheimliche Alpträume, in denen der Richter vorkommt ...

Bewertung:

Zu Unrecht ist Bram Stoker bei vielen nur für seinen Roman "Dracula" bekannt, denn auch eine große Zahl an feinen unheimlichen Erzählungen zählen zu seinem Repertoire. Zu den großen Stärken des Hörspiels gehört die behutsame Spannung, die sich ganz allmählich aufbaut und den Hörer für sich einnimmt. Der Anfang ist harmonisch, der Student mit dem markanten Namen Malcolm Malcomson eine sehr sympathische Gestalt, und es braucht lange, bis das Haus sein gruseliges Wesen offenbart. Es steht seit Jahrzehnten unbewohnt, und Ratten treiben sich darin herum, aber das ist kein Grund, um den alles andere als abergläubischen Malcolm davon abzuhalten, einzuziehen. Auch die schlechten Träume scheinen noch nichts mit übernatürlichen Ereignissen zu tun zu haben.

Die langsame Entwicklung macht es sehr realistisch, dass Malcolm sich von den guten Ratschlägen nicht abbringen lässt. Der Hörer verfolgt gebannt, was das Haus alles für ihn bereithält und welches Schicksal den jungen Studenten schließlich ereilt. Wer andere Folgen der Gruselkabinett-Reihe kennt, der weiß, dass hier sowohl Vorlagen verwendet werden, in denen es zu einem Happy End kommt und das Böse besiegt wird, als auch solche, in denen die Hauptfigur ihr Leben lassen muss - Spannung ist also bis kurz vor Schluss garantiert.

Hauptfigur Malcolm macht es dem Hörer leicht, mit ihm zu fühlen, denn er präsentiert sich als überzeugender Charakter, der stets nachvollziehbar handelt. Der Erzähler erwähnt zu Beginn, dass er etwas zur Verschrobenheit neigt und keine Freunde hat, was erstaunt, denn Malcolm wirkt durchaus offen und ist sehr freundlich, wenn er auch zum Lernen unbedingt eine Behausung ohne Ablenkung sucht.

Zwei sehr liebenswerte Charaktere sind die alten Damen Mrs. Witham und Mrs. Dempster. Die Pensionswirtin Mrs. Witham, bei der sich Malcolm vorläufig eingemietet hat, um in Ruhe nach einem passenden Mietshaus zu suchen, ist eine sensible, sehr mütterliche Gestalt, die mehrfach darauf drängt, dass Malcolm doch lieber nicht in das ominöse Haus ziehen soll. Mrs. Dempster ist da schon ein energischerer Charakter, der allen Aberglauben von sich weist - witzigerweise rutscht ihr dann aber, auch zu Malcolms Vergnügen, doch heraus, dass sie keinesfalls nach Einbruch der Dunkelheit im Haus des Henkers sein will. Eine echte Schwäche gibt es in diesem Hörspiel nicht, allerdings verläuft das Ende ein wenig zu rasch, nachdem die unheimliche Situation so lange behutsam aufgebaut wurde.

Die Sprecher leisten allesamt hervorragende Arbeit und sind ideal besetzt. Timmo Niesners Stimme kennt man vor allem als deutsche Standardstimme von Elijah Wood und aus der Hörspielserie "Gabriel Burns"; den jungen, unbekümmerten Malcolm Malcomson spricht er sehr überzeugend. Ursula Sieg alias Mrs. Witham ist vor allem als deutsche Stimme von Rue McClanahan ("Golden Girls") populär, bei den jüngeren Hörern zudem als Tante Fanny bei den Fünf Freunden. Christel Merian wiederum als Sprecherin von Wilma Feuerstein sehr bekannt. Wilfried Herbst hat wieder einmal eine markante kleine Nebenrolle wie schon oft in der Serie, hier als jovialer Makler, der allerdings bei aller Freundlichkeit darauf bedacht ist, seinem potenziellen Mieter alle Bedenken auszureden. Den bedächtigen Erzähler spricht Hasso Zorn, wie auch schon im Zweiteiler "Das Bildnis des Dorian Gray".

Fazit:

Ein fast makelloses Gruselhörspiel, das subtil Spannung und Atmosphäre aufbaut. Die Sprecher sind erstklassig besetzt, die Handlung weist keine Längen auf. Sieht man davon ab, dass das Ende etwas rasch daherkommt, ist das Hörspiel rundum zu empfehlen.

Sprechernamen:

Erzähler: H. Zorn
Malcolm Malcolmson: T. Niesner
Mrs. Witham: U. Sieg
Mrs. Dempster: C. Merian
Mr. Carnford: W. Herbst
Dr. Thornhill: N. Langer
Richter: O. Mellies

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